Große Tümmler haben ein Elefantengedächtnis

Kommunikation

Große Tümmler haben ein Elefantengedächtnis

Wiederkennen nach mehr als 20 Jahren Trennung

In einem aufsehenerregenden Experiment mit 43 in Gefangenschaft lebenden Großen Tümmlern gewann der US-Forscher Jason Bruck Einblick in die erstaunlichen Gedächtnisleistungen der Delfine. Die getesteten Tiere konnten sich noch nach mehr als 20 Jahren an die Namen ehemaliger Gefährten erinnern. Da dürfte es so manchem Menschen schwer fallen, mitzuhalten.

Die bekannteste Delfinart, der Große Tümmler (Tursiops truncatus), ist abgesehen vom Menschen das einzige Lebewesen, von dem man sicher weiß, dass es sich selbst einen Namen gibt und andere Mitglieder einer Delfingruppe mit deren Namen “anspricht”. Ein Delfin-Name wird über einen charakteristischen, individuellen Signaturpfiff, der aus einer bestimmten Modulation von Frequenzen besteht, bei einer Begegnung als Begrüßung mitgeteilt.

Geistige Fähigkeiten wie Menschen

Wissenschaftler sind sich zudem sicher, dass sich zwei Delfine über einen dritten Artgenossen unterhalten können, indem sie dessen Namen nutzen. Wahrscheinlich verfügen auch andere – vielleicht alle – Delfinarten über diese Fähigkeiten.

Lange nicht gesehen…

Doch was passiert, wenn man einem Artgenossen seit Jahrzehnten nicht mehr begegnet ist und damit auch seinen individuellen Signaturpfiff, seinen Namen, nie mehr gehört hat? Erkennen die Tiere einander wieder oder ist es wie ein Aufeinandertreffen sich völlig Unbekannter? Dieser Frage ging Bruck in seinem Experiment nach, auch wenn er es in Form direkter Begegnungen nach langer Zeit nicht durchführen konnte.

Bei der Haltung von Delfinen in Gefangenschaft wird meist keinerlei Rücksicht auf bestehende Sozialstrukturen und Lebensgemeinschaften unter den Tieren genommen. Immer wieder werden Delfine unter dem Deckmantel sogenannter “Erhaltungszuchtprogramme” an andere Einrichtungen abgebeben. Bruck, der an der Universität von Chicago forscht, nutzte den Delfinverschiebebahnhof der Delfinarien und spielte einzelnen Tümmlern Signaturpfiffe von Artgenossen, mit denen sie vor langer Zeit einmal über Monate oder Jahre zusammengelebt hatten sowie für die Tiere völlig unbekannte Signaturpfiffe vor, und beobachtete deren Reaktionen.

Dich kenne ich doch…

Um Verhaltensunterschiede in den Reaktionen auf die Pfiffe feststellen zu können, begann Bruck mit dem Vorspielen der unbekannten Signaturpfiffe. Diese wurde so lange abgespielt, bis die Tiere begannen, sich offensichtlich zu langweilen. Und genau in diesem Augenblick kam nun der Pfiff des einstigen Bekannten zum Einsatz.

Und besser lässt sich ein Erinnern bei Delfinen wohl nicht erkennen: Die gerade noch gelangweilt vor sich hin dümpelnden Tümmler nahmen plötzlich Fahrt auf, schwammen auf den Unterwasserlautsprecher zu, pfiffen ihn ihrerseits an, als wollten sie ihm weitere Pfiffe entlocken. Welche Gefühle dies in den getesteten Tieren hervorgerufen haben mag, entzieht sich unserer Kenntnis. Enttäuschung wird sicher auch dabei gewesen sein, dass es doch nicht der einstige Bekannte, sondern nur ein wundersamer Kasten war.

Dauer der Trennung spielt keine Rolle

Laut Bruck spielt es für das akustische Wiedererkennen keine Rolle, wie lange die gemeinsam verbrachte Zeit war. Weder die Dauer der Trennung, noch Geschlecht oder Verwandtschaftsgrad hatten einen erkennbaren Einfluss. Man kannte sich und erkannte sich wieder, auch wenn das letzte Zusammensein mehr als 20 Jahre zurücklag.

Können wilde Delfine das auch?

Das ewige Manko des Experimentierens mit gefangenen intelligenten Tieren ist die Frage, ob man hier ein Artefakt, eine Nebenwirkung des artwidrigen Lebens in Gefangenschaft, untersucht hat oder ein tatsächlicher Erkenntnisgewinn zu der Art in ihrem natürlichen Verhaltenskontext gewonnen wurde. So können darüber, wozu Große Tümmler ein derart gutes Gedächtnis in freier Wildbahn benötigen und einsetzen, nur Vermutungen angestellt werden – falls sie überhaupt darüber verfügen. Denn noch ist es nicht gelungen, den Nachweis derartig ungewöhnlicher Gedächtnisleistungen bei frei lebenden Delfinen zu führen.

Delfine leben in hoch komplexen sozialen Verbänden, Gruppen finden sich für eine gewisse Zeit zusammen, um dann wieder getrennte Wege zu ziehen. Ständig formen sich neue Verbände, Koalitionen und Schulen. Es gibt Mega-Treffen, bei denen sich über 100.000 Individuen zusammenfinden, es gibt Männerfreundschaften bei denen immer die gleichen drei bis fünf Tiere in ganzes Delfinleben lang zusammenbleiben. Ein gutes Gedächtnis ist da sicher kein Nachteil, um Missverständnisse zu vermeiden und Zusammenleben und Zusammenhalt in den fluktuierenden Delfingesellschaften zu erleichtern.

 

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