Unterwasser-Trampolin auf Grundschleppnetzen

Sozialverhalten

Große Tümmler nutzen Grundschleppnetze als Trampolin

Sensationelle Verhaltensbeobachtung

Vor der Nordküste von Westaustralien machten Wissenschaftler von der Universität Murdoch eine sensationelle Verhaltensbeobachtung: Große Tümmler nutzen straff gespannte Grundschleppnetze, um darauf unter Wasser wie auf einem Trampolin zu springen. Handelte es sich nicht um eine Veröffentlichung des Fachmagazins “Marine Mammal Science”, würde man dem wohl kaum Glauben schenken können.

Eigentlich wollte das Forscherteam um Vanessa F. Jaiteh und Simon J. Allen das Verhalten von Großen Tümmlern bei der Jagd in Grundschleppnetzen mit Hilfe innerhalb der Fangnetze installierter HD-Camcorder dokumentieren. Dass Delfine gerne in der Nähe von Fischernetzen auf Jagd gehen und sich auch immer wieder Fische aus den Netzen holen, ist zwar bekannt – ein Verhalten, dass die Meeressäuger bei Fischern nicht gerade beliebt macht. Was genau dabei in und an den Netzen passiert und wie die Delfine dort Fische jagen, ist bislang allerdings kaum untersucht worden.

Unbekanntes Verhalten

Bei der Videoauswertung stießen die australischen Forscher auf ein noch niemals zuvor dokumentiertes Verhalten: Die Großen Tümmler, die sich auf die Jagd in und an den von einem Fischtrawler in 50 bis 100 m Tiefe über den Meeresboden gezogenen, etwa 15 m hohen und 44 m langen Grundschleppnetzen spezialisiert hatten, nutzen das straff gespannte Netzgewebe zu einem ganz besonderen Verhalten, für das die Forscher erst einmal ein neues Wort finden mussten. Sie fanden “trampolining” oder Trampolinspringen.

Unterwasserballett mit Trampolin

Beim “trampolining” schwimmen Delfine gezielt auf das Netz, lassen sich, beschleunigt von der Netzspannung, abprallen und vollführen dabei Drehungen und Wendungen als wollten sie ein Unterwasserballett aufführen. Vor, aber auch nach dem “trampolining” reiben sie sich oftmals Kopf und Schnauze an dem Netz – vielleicht um die Spannung des Gewebes zu prüfen?

Warum das alles? Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel

Über die Beweggründe für dieses ungewöhnliche Verhalten gibt es keine schlüssige Erklärung. Die australischen Forscher vermuten, die Tiere könnten so vielleicht alte Hautreste oder Hautparasiten loswerden. “Beim ‘trampolining’ kann es sich aber auch einfach nur um Spielverhalten handeln”, meinen Vanessa Jaiteh und Simon Allen.

Super-Jagdstrategen

Große Tümmler. Foto: Andreas Abstreiter

Besonders der Große Tümmler (Tursiops truncatus) kann je nach Umweltbedingungen derart unterschiedliche Jagdstrategien entwickeln, dass man meinen könnte, es hier mit verschiedenen Arten zu tun zu haben. So hat sich ein Teil der Delfinpopulation in dem untersuchten Fischfanggebiet, der Pilbara Fish Trawl Managed Fishery (PTF), das zwischen Onslow bis hinter Port Hedland an der Nordküste von Westaustralien liegt, auf die nicht ungefährliche Jagd in der Nähe der in der PTF operierenden Fischtrawler spezialisiert. Die anderen Tümmler aus dieser Region halten sich von den Trawlern fern.

Es handelt sich bei den Trawler-Delfinen um vielleicht nur 50 Individuen, vermuten Jaiteh und ihre Kollegen. Dass die Gruppe nicht größer ist, mag auch daran liegen, dass die Tiere einen hohen Preis für ihre Spezialisierung zahlen. Jedes Jahr sterben durchschnittlich 17 bis 50 Große Tümmler als Beifang in der gesamten PTF-Fischerei. Von der kleinen Gruppe spezialisierter Trawler-Delfine hat sich wiederum ungefähr die Hälfte noch weiter spezialisiert. Diese Tiere jagen in unmittelbarer Nähe der Netze, einige von ihnen haben sogar gelernt, in die Grundschleppnetze zu schwimmen und dort Fische zu jagen. Und nur bei dieser hochspezialisierten Gruppe wurde das “trampolining” beobachtet.

Das “trampolining” zeigt einmal mehr die ausgeprägte Fähigkeit und Intelligenz von Delfinen, ihr Verhalten an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Sie nutzen Gegenstände, die sich ihnen in ihrer Umwelt bieten, um daraus ganz neue, für uns völlig überraschende Verhaltensweisen zu entwickeln.
Foto oben: Matteo Krüger

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