Können Delfine mit Menschen sprechen?

Kommunikation

Können Delfine mit Menschen sprechen?

Artübergreifende verbale Delfin-Mensch Kommunikation?

Die Delfinforscherin Denise Herzing und ihre Forscherkollegen haben ein Gerät zur Entschlüsselung der Sprache der Delfine und zur Unterwasserkommunikation mit den Meeressäugern entwickelt. Jetzt hat erstmals ein Delfin einen antrainierten Pfiff nachgemacht, der für das Wort “Alge” steht. Doch war das bereits ein Versuch artübergreifender verbaler Kommunikation?

Herzing, die das Wild Dolphin Project auf den Bahamas 1985 gründete und bis heute leitet, und ihr Team erforschen seit über 25 Jahren Sozialverhalten und Kommunikationen einer Schule Zügeldelfine oder Atlantischer Fleckendelfine (Stenella frontalis). Es ist eine der weltweit umfassendsten Langzeitstudien über das Leben der intelligenten Meeressäuger.

Das CHAT: Übersetzer oder Mensch-Tier-Interface?

Das sicherlich nicht ganz zufällig “Cetacean Hearing and Telemetry” oder halt CHAT genannte High-Tech-Gerät wurde von Dr. Thad Starner und seinem Team von der Georgia-Tech.-Universität entwickelt.

Es ist vollgestopft mit Spezialsoftware aus hochkomplizierten Algorithmen zur Analyse der Clicks und Pfiffe der Delfine. So hofft man eines Tages, bestimmte Lautäußerungen bestimmten Verhaltensweisen zuordnen und so die Sprache der Delfine entschlüsseln zu können. Das reichlich unhandliche Gerät, das sich ein Taucher um den Bauch schnallen kann, arbeitet passiv und aktiv. Es zeichnet mit zwei Hydrophonen die Kommunikationslaute in der Nähe des Tauchers befindlicher Delfine auf und kann seinerseits über einen Unterwasserlautsprecher Geräusche abgeben. Der Taucher kann mit Hilfe einer kleinen Tastatur bestimmen, welchen Ton oder welches Geräusch das CHAT abspielen soll.

Herzing selbst bezeichnet das CHAT denn auch mitnichten als Übersetzer, sondern als eine Art “Mensch-Delfin-Interface” oder ganz simpel als akustisches Unterwasserkeyboard.

Vokabeltraining für Fleckendelfine

Die erstaunliche Imitations- und Lernfähigkeit besonders des Großen Tümmlers (Tursipos truncatus) für arteigene und artfremde Laute ist aus vielen Studien bekannt. Die Zügeldelfine vor den Bahamas scheinen ihren größeren Verwandten da nicht nachzustehen. Herzing und ihre Kollegen erfanden einige simple Pfiffe, die sie über das CHAT abspielen konnten. Diese wurden beim Objektspiel mit den Tieren (Algen, Seile, Halstücher und anderes) spezifisch eingesetzt. Die Delfine sollten lernen, dass ein bestimmter Pfiff einem bestimmten Objekt zugeordnet ist, wie man es z.B. auch vom Hundetraining kennt.

Delfine, die von Algen sprechen?

Das CHAT kann mit seinen Unterwassermikrophonen die künstlichen Pfiffe auffangen und zuordnen, wenn ein Delfin sie absondert. Und genau das geschah! Herzing staunte nicht schlecht, als sie eines Tages über ihre Kopfhörer das Wort “Sargassum” (Alge) aus dem CHAT übermittelt bekam.

Da Menschen Pfiffe Unterwasser nur sehr schlecht differenzieren können, ist im CHAT für jeden der künstlichen Pfiffe ein englisches Wort hinterlegt, hier das Wort für “Sargassum” für den Pfiff, der beim bei den Fleckendelfinen beliebten Spiel mit den langen Braunalgen eingesetzt wurde. Michael Coen, Biostatistiker an der Universität Wisconsin-Madison, bemerkt dazu: ”Das klingt nach einer ganz fantastischen Beobachtung, da muss man sich schon zwingen, nicht weiter darüber zu spekulieren”.

Denise Herzing selbst ist da vorsichtiger. Eindeutig ist, dass der Delfin den künstlichen Pfiff gelernt hat. Ob er ihn aber auch im spezifischen Kontext mit einer Alge gebraucht habe oder die Forscher damit gar zum Spielen mit einer Alge auffordern wollte, lässt sich nicht sagen. Wahrscheinlicher ist wohl, dass es sich hier um ein bloßes Nachahmen aus Spaß daran handelte und nicht einen Versuch verbaler Kommunikation seitens des Meeressäugers. Aber wer weiß?

Die beobachtete Delfingruppe hatte zwar einige Zeit zuvor mit Algen gespielt, zum Zeitpunkt, als das CHAT den Algen-Pfiff auffing, schwammen die Tiere allerdings ohne besonderes Spielverhalten zu zeigen umher.

Nachahmen und Variieren

Auch die ausgeprägte Individualität der Delfine und ihre Begeisterung, Gelerntes nicht blind nachzuahmen, sondern zu variieren, macht den US-Forschern bei der Arbeit mit dem CHAT zu schaffen. Bei der Datenanalyse der vom CHAT aufgezeichneten Kommunikationslaute stießen die Wissenschaftler auf eine ganze Reihe weiterer, von den Delfinen imitierter und damit erlernter künstlicher Pfiffe. Das CHAT konnte sie allerdings nicht korrekt zuordnen, da die Tiere die Pfiffe in einen höheren Frequenzbereich moduliert hatten.

Delfine sind bekannt dafür, zum Teil mehrere Oktaven zu überspringen, zum Beispiel um Hintergrundlärm zu übertönen. Das von ihnen eingesetzte Frequenzspektrum ist gigantisch und reicht bis 200 Kilohertz, beim Menschen dagegen ist spätestens ab 20 Kilohertz Schluss mit der akustischen Wahrnehmungsfähigkeit.

Im nächsten Jahr wollen die Forscher des Wild Dolphin Project mit einem verbesserten CHAT noch mehr Zeit im Wasser mit den Delfinen verbringen, ihnen verstärkt die künstlichen Pfiffe vorspielen und dann wird man sehen … oder besser hören.
Foto oben: Dethmann / Foto rechts: Julio Reyers / ACOREMA

 

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