Klimawandel und Meeressäuger
Wie das Meer, Delfine und Wale auf heiße Zeiten reagieren
Klimawandel und Meeressäuger
Wie das Meer, Delfine und Wale auf heiße Zeiten reagieren
Weltweit ist der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) im Jahr 2025 weiter gestiegen. Die Konzentration der klimaschädlichen Gase in der Atmosphäre liegt mittlerweile bei 420 ppm (vorindustrielle Zeit: 280ppm). 2024 gab es den größten Anstieg seit dem Beginn moderner Messungen, primär verursacht durch die industrielle Nutzung fossiler Energieträger sowie durch großflächige Waldbrände. Bleibt es beim Status quo der Klimapolitik, werden weitere unumkehrbare Klima-Kipppunkte überschritten. Ein Teufelskreis setzt ein: Die Klimakrise verändert die Fähigkeit der Ökosysteme Kohlenstoffdioxid zu speichern. Insbesondere die Ozeane verlieren ihre Funktion als Kohlenstoff-Senke und puffern die Veränderungen der Atmosphäre nicht mehr ab. In der Folge verändern sich die Lebensbedingungen für alle Meerestiere. Auch Delfine und Wale sind von dieser Krise betroffen.
Die Meere haben 40 Prozent aller menschlichen Kohlendioxidemissionen der vergangenen 200 Jahre gespeichert
Dieser Amazonas-Flussdelfin steht stellvertretend für alle Opfer der Klimakrise. Er verendete 2023 als einer von Hunderten Delfinen in den Gewässern des größten Süßwasserökosystems der Erde. Was damals schon zu vermuten war, wurde 2025 wissenschaftlich bestätigt: Eine beispiellose Dürre und Hitzewelle führte im Amazonasgebiet zu rekordverdächtigen Temperaturanstiegen. Die Gewässer erreichten Temperaturen von bis zu 41 Grad Celsius. Diese Wetterextreme sind eine direkte Folge der Klimakrise und führten zum Tod vieler Flussdelfine und zahlreicher Fischarten.
Die Meere sind in der Lage, riesige Mengen an Kohlenstoff zu speichern und konnten dadurch lange einen wesentlichen Beitrag zur Abmilderung der Erderwärmung leisten. Mittlerweile nehmen Hitzewellen und Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Dürre zu. Dies bedroht nicht nur die Ökosysteme und Artenvielfalt, sondern zunehmend auch die Gesundheit und Lebensgrundlagen der Menschen.
Wie gravierend die Klimakrise die Meere bereits betrifft, zeigt ein Blick auf die aktuellen wissenschaftlichen Befunde der letzten Monate:
- Weltweit werden die Meere werden immer wärmer, so auch Nord- und Ostsee. Der Temperaturanstieg verändert die Lebensraumbedingungen aller Meeresbewohner. Dadurch wird die Funktion des Ökosystems beeinflusst und es kommt zu einem gravierenden Biodiversitätsverlust.
- Für die marinen Ökosysteme spielt Phytoplankton eine immense Rolle. Die winzigen Algen stellen nicht nur die Grundlage für die marine Nahrungskette dar, sondern tragen maßgeblich dazu bei, CO2 im Ozean zu binden. Wird die Klimakrise und damit der Anstieg der Wassertemperaturen nicht aufgehalten, kann dies den Bestand der wichtigen Kleinstlebewesen drastisch reduzieren.
- Durch die Erwärmung der Weltmeere breiten sich gebietsfremde Arten stärker aus, wodurch heimische Arten oftmals unter Druck geraten. Besonders betroffen ist das Mittelmeer: Hier führt beispielsweise die Zunahme von Miesmuschel fressenden Blaukrabben dazu, dass sich in einigen Regionen die Miesmuschel-Bestände um 75 bis 100 Prozent reduziert haben.
- Der weltweite Meeresspiegel ist seit 1900 stärker angestiegen als zuvor. Dies führt nicht nur zur Bedrohung von Millionen von Menschen (Schäden durch Überflutung, Vertreibung etc.), sondern bedroht auch Ökosysteme, wie unser heimisches Wattenmeer oder Mangrovenwälder.
- Nimmt die Versauerung der Ozeane durch die Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre weiter zu, führt dies insbesondere bei kalkbildenden Organismen wie Korallen, Muscheln und Schnecken zu einer verminderten Bildung ihrer Schalen und Skelette. Weiterhin könnte dies bei einigen Hai-Arten dazu führen, dass ihre Zähne brüchig werden. Ohne funktionierende Zähne könnten die Hai-Arten ihre Rolle im Ökosystem als Top-Prädatoren nicht mehr erfüllen.
- Die Aufnahmefähigkeit der Ozeane von CO2 ist zwischen 2015 bis 2024 um 7,9 Prozent gesunken.
Messung der Veränderungen des absoluten Meeresspiegels aufgrund der thermischen Ausdehnung der Ozeane, des Verlusts von Landeis und der Veränderungen der terrestrischen Wasserspeicherung.
Gravierende Folgen auch für Delfine und Wale
Auch in der durch die Erderwärmung stark bedrohten Arktis zeigt sich eine zunehmend problematische Entwicklung. Lange Zeit war sie für die industrielle Schifffahrt unpassierbar, doch das rapide schmelzende Eis eröffnet neue Schifffahrtsrouten – mit erheblichen Risiken für die Ökosysteme. Viele Bereiche des arktischen Ozeans galten bisher als weitgehend unberührt von menschlichen Einflüssen. Dehnt sich der globale Schiffsverkehr weiter in die Arktis aus, hätte dies unabsehbare Folgen für die empfindlichen Lebensräume und für zahlreiche Walarten wie Grönlandwal, Narwal und Beluga.
Forschungsschiff Polarstern im Arktischen Ozean,
Die Auswirkungen infolge der Klimakrise werden für Meeressäuger auf vielen Ebenen deutlich. Stetig steigende Wassertemperaturen und die zunehmende Versauerung der Ozeane führen dazu, dass vielerorts nicht mehr genügend Nahrung verfügbar ist. Gehen die Bestände an Phytoplankton zurück, hat das wiederum Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Krill. Die kleinen Krebstiere stellen die Hauptnahrungsquelle der großen Bartenwale wie Blau- oder Finnwale dar. Dies zwingt viele Meeressäuger, ihre angestammten Lebensräume zu verlassen. In den neuen Gebieten könnte es aufgrund der Nahrungskonkurrenz zu Kämpfen kommen.
Die Klimakrise begünstigt zudem die Ausbreitung giftiger Algenblüten. Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat einen Zusammenhang zwischen den Algenblüten und der um den Faktor 2900 erhöhten Konzentration giftiger Toxine in Gehirnen von Delfinen nachgewiesen. Für die Tiere kann dies im schlimmsten Fall zum Tod führen. Die Ergebnisse der Studie legen zudem nahe, dass eine erhöhte Konzentration von Toxinen dazu führen kann, dass die Meeressäuger bei Gefahr am Reaktionsschnelligkeit verlieren und dadurch die Wahrscheinlichkeit von Schiffskollisionen steigt.
Erderwärmung: Das Schlimmste verhindern und Kipppunkte vermeiden
Die Klimakrise betrifft weltweit alle Ökosysteme, insbesondere die bereits unter Druck stehenden werden durch sie weiter belastet. Am Beispiel der tropischen Korallenriffe werden die Folgen deutlich, wenn zum Stress durch hohe Wassertemperaturen noch die Auswirkungen von Ozeanversauerung, Extremwetterereignissen sowie Verschmutzung und Nährstoffbelastung hinzukommen. Die Folge: Die Warmwasser-Korallenriffe haben ihren Kipppunkt erreicht – eine Belastungsschwelle, die nach aktuellem wissenschaftlichen Stand unumkehrbar ist. Das Absterben der Warmwasser-Korallen führt lokal zu einem immensen Verlust der Artenvielfalt und hat Auswirkungen auf die Nahrungsversorgung von Millionen Menschen. Wenn das Überschreiten weiterer zentraler Kipppunkte – etwa im Amazonas-Regenwald sowie in den Eisschilden der Antarktis und Grönlands – nicht durch eine grundlegend veränderte Klimapolitik verhindert wird, könnte sich der globale Temperaturanstieg im Verlauf dieses Jahrhunderts deutlich über der 1,5-Grad-Grenze einpendeln und bis zum Jahr 2100 auf Werte um etwa 2,8 Grad Celsius ansteigen.
Die Folgen für Mensch und Natur wären dramatisch und sind bisher in vielen Bereichen unabsehbar, denn alle ökologischen Systeme sind miteinander verknüpft. Die GRD fordert daher eine schnelle, naturverträgliche Reduktion von Treibhausgasen sowie den konsequenten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.
Alexander Diehl (GRD)
Forschungsschiff Polarstern im Arktischen Ozean,
