Schiffskollisionen in der Straße von Gibraltar
Große Gefahr für die Meeressäuger
Die Straße von Gibraltar zählt zu den meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt. Täglich durchqueren sie mehr als 300 Handelsschiffe. Da die Meerenge von Gibraltar, wie sie auch genannt wird, sieben Arten von Walen und Delfinen beherbergt – einige davon leben hier ganzjährig – sind Schiffskollisionen kaum vermeidbar.
Die Meerenge verbindet Mittelmeer und Atlantik
Die Straße von Gibraltar fungiert als Verbindung zwischen Mittelmeer und Atlantik und ist etwa 60 km lang und zwischen 14 und 44 km breit. Da sie das einzige natürliche Bindeglied zwischen Mittelmeer und Atlantik ist, müssen sie zahlreiche Containerschiffe durchqueren. Das Problem: Durch das gute Nahrungsangebot in der Meerenge leben hier auch zahlreiche Wal- und Delfinarten. Zwar konnte die spanische Regierung – in Kooperation mit der Schweizer Stiftung firmm, die seit 1998 sanftes Whale Watching vom südlichsten Punkt Europas (Tarifa) aus anbietet, ein Tempolimit erwirken. Die jahrelangen Forschungen von firmm konnten verdeutlichen, in welchem Gebiet sich die Tiere überwiegend aufhalten. Doch das Limit gilt nur in einem sehr begrenzten Raum. Um dieses Gebiet gibt es immer noch Fähren – beispielsweise zwischen Tarifa und der marokkanischen Stadt Tanger – die mit großem Tempo den Lebensraum der Wale und Delfine durchqueren.
Tempolimit in der Straße von Gibraltar © Stiftung firmm
Residente Wal- und Delfinarten in der Straße von Gibraltar
Wie wir bereits in einem Artikel von 2017 beschrieben haben, verlaufen Kollisionen zwischen Walen und Delfinen fast immer tödlich. Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass in der Straße von Gibraltar sieben verschiedene Wal- und Delfinarten leben – einige davon ganzjährig – besonders dramatisch. Neben dem Gewöhnlichen Delfin (Delphinus delphis), dem Gestreiften Delfin (Stenella coeruleoalba), dem Großen Tümmler (Tursipos truncates) und dem Grindwal (Globicephala melas) sind während den Monaten Juli und August beispielsweise auch Orcas (Orcinus orca) in der Straße von Gibraltar anzutreffen. Den Pottwal (Physeter macrocephalus) können die Besucher der Meerenge zwischen Mai und Juni gut beobachten. Auch der Finnwal ((Balaenoptera physalus) lässt sich hin und wieder blicken, weil er vom Atlantik gen Mittelmeer und andersherum schwimmt. Er ist der einzige Bartenwal, den man in der Meerenge finden kann – und gleichzeitig nach dem Blauwal das zweitgrößte Tier der Welt.
Orcas in der Straße vor Gibraltar © Stiftung firmm
Schiffskollisionen in der Straße von Gibraltar
Die Stiftung firmm fährt in den Monaten von etwa April bis Ende Oktober / Anfang November mehrmals in der Woche in die Straße von Gibraltar und konnte dabei leider schon zahlreiche Schiffskollisionen fotografisch festhalten. So beispielsweise den Grindwal namens Curro, der bereits 2008 vermutlich durch eine Schiffsschraube oder durch eine Fischerleine verletzt wurde. Er hat diese Verletzung glücklicherweise überlebt, wurde allerdings im Jahr 2013 das letzte Mal gesichtet. Auch Pottwale hat die Stiftung schon häufiger sichten können, die mutmaßlich durch eine Kollision mit einem Schiff schwer verletzt wurden.
Selbst Schildkröten hat firmm bereits nach Kollisionen gerettet und zu einer Auffangstation gebracht, wo Mitarbeiter die Tiere wieder mühevoll aufpäppeln. Man sieht also: Die Schiffe stellen nicht nur für Wale und Delfine eine lebensbedrohliche Gefahr dar, sondern auch für viele weitere Meeresbewohner.
Im Jahr 2018 konnte die Schweizer Stiftung insgesamt sechs neue Verletzungen ausmachen. Das klingt auf den ersten Blick nicht nach einer hohen Zahl. Das Problem bei Schiffskollisionen ist allerdings, dass diese oftmals für die Tiere tödlich enden. Das bedeutet, dass die Dunkelziffer viel viel höher liegen wird. Kadaver, schwer verletzte oder schwimmunfähige Tiere treiben oftmals in Richtung Mittelmeer, sodass diese Tiere nur sehr selten durch Strandungen entdeckt werden.
verletzter Grindwal “Curro” © Stiftung firmm
Was wir tun können, um Schiffskollisionen zu vermeiden
Etwa 90 Prozent des globalen Warenverkehrs findet auf den Weltmeeren unsere Erde statt. So ist im Jahr 2019 die weltweite Containerschiffsflotte laut aktueller Zahlen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie auf 6.145 Containerschiffe angewachsen (Vergleich zum Jahr 2014: 5.062 Schiffe). Die gesamte Handelsschiffsflotte besteht aus mehr als 50.000 Schiffen. Große Kreuzfahrtschiffe sind hier nicht einmal eingerechnet.
Ein Tempolimit von 13 Knoten (24 Stundenkilometer), wie es in der Straße von Gibraltar verhängt wurde, ist natürlich ein wichtiger und sinnvoller Schritt. Solang diese Limits allerdings nur für kleine Bereiche – wie für einen Teilbereich in der Meerenge von Gibraltar – gültig sind, ist dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Damit es nicht mehr zu solchen fatalen Kollisionen kommt, müssen Länder überall dort, wo es oft zu Kollisionen kommt, entsprechende Tempolimits einrichten.
Gleichzeitig sollten wir uns als Verbraucher kritisch hinterfragen, ob wir nicht auch unseren Konsum einschränken können, damit die Handelsschifffahrt zumindest nicht kontinuierlich weiter wächst. Nur so können wir unsere Weltmeere entlasten und die Tiere vor einem solch traurigen Schicksal bewahren.
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