Tiefseebergbau: Die internationale Staatengemeinschaft ist gespalten
Von entschiedener Ablehnung bis hin zur bevorstehenden Ausbeutung des Tiefseebodens
Aktuell findet noch kein kommerzieller Tiefseebergbau in internationalen Gewässern statt, da der rechtliche Rahmen dafür noch ausgearbeitet werden muss. Diese Aufgabe obliegt der Internationalen Meeresboden-Behörde (ISA). Eine wachsende Anzahl von Staaten hat sich bereits gegen die Ausbeutung der Tiefsee ausgesprochen. So schlossen sich zuletzt Mexiko und Dänemark dem Ruf nach einem Moratorium bzw. einer “vorsorglichen Pause” an. Deutschland sprach sich bisher gegen den Tiefseebergbau aus, befürwortete jedoch noch kein Moratorium. Frankreich hingegen fordert vehement ein dauerhaftes Verbot des Tiefseebergbaus. Demgegenüber stehen Länder, die lieber heute als morgen damit beginnen würden, Kobalt, Zink, Kupfer und Mangan aus der Tiefsee zu ernten.
Norwegen missachtet sämtliche Warnungen
Aus europäischer Sicht muss an erster Stelle Norwegen genannt werden, wenn über Länder mit großer Bereitschaft zum Tiefseebergbau gesprochen wird. Das Parlament des skandinavischen Landes hat Anfang Januar 2024 in der Barents- und Grönlandsee den Meeresboden zum Abbau von Rohstoffen freigab. Die norwegischen Politiker:innen missachteten dabei den Appell von über 100 EU-Parlamentarier:innen, gegen den Tiefseebergbau zu stimmen. Bergbauunternehmen können nun Lizenzen für den Abbau in diesem 281.000 Quadratkilometer großen Gebiet beantragen.
Die Dynamik für ein Moratorium nimmt zu. Diese Länder haben ihren Widerstand gegen den Tiefseebergbau erklärt.
Foto: DSCC
Profitgier auf internationaler Ebene
Auch Nauru hat durch seine Profitgier für Aufsehen gesorgt. Als eines der ersten Länder stellte der Inselstaat im Pazifischen Ozean einen Antrag auf den Abbau von Manganknollen durch das kanadische Unternehmen The Metals Company. Letzteres plant – sobald der Tiefseebergbau freigegeben ist – die Knollen des Meeresbodens mittels hochmoderner Technologie abzusaugen. Dabei könnten sämtliche Organismen auf dem Meeresboden von den Maschinen zerstört werden, ebenso wie jene Lebewesen, die von den Knollen leben.
Foto oben: Screenshot CBC
Kampf um Rohstoffe: Wettbewerb um neue Territorialansprüche
Das Streben nach Erschließung und Ausbeutung neuer Ressourcen, selbst solcher, die noch nicht vollständig erschlossen sind, treibt die Ambitionen mehrerer Staaten voran. Ein Beispiel dafür ist der Nordpol und weite Teile des arktischen Ozeans, die aufgrund potenzieller Vorkommen von Öl, Gas und Mineralien von gleich fünf Ländern beansprucht werden: Russland, Kanada, die USA, Norwegen und Dänemark (durch Grönland). Die genaue Ausdehnung der Gebietsansprüche wird durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen geregelt und die Länder haben bereits umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, um ihre Ansprüche zu untermauern. Die immens wichtige Rolle der zukünftigen Ausbeutung des arktischen Meeresbodens wird auch durch militärische Aktivitäten verdeutlicht: Panzerfahrzeuge, Militärbasen und Streitkräfte sind mittlerweile in der Nähe des Nordpols zu finden – insbesondere Russland verstärkt seine Präsenz in dieser Region.
U-Boot am Nordpol (2004); Foto: Wiki Commons
Die USA haben ihrerseits im Dezember 2023 neue Ansprüche auf Gebiete von rund einer Million Quadratkilometern geltend gemacht. Dies entspricht der doppelten Größe von Kalifornien. Durch die neue Kartierung auf Basis eines erweiterten Festlandssockels würden die USA Zugang zu Tiefseegebieten erhalten, in denen nach Angaben des Portals “Miningscout” enorme Mengen an Energie und Metallen vermutet werden. Russland erkennt diese Grenzänderung des Festlandsockels nicht an, da sie seiner Meinung nach gegen das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen verstößt.
Angesichts des offen ausgetragenen Konkurrenzkampfes um die strategische Sicherung von wertvollen Ressourcen auf dem Meeresgrund gerät der Schutz der Meere vollständig in den Hintergrund. Die Aussicht darauf, dass Lithium, Tellur oder Seltene Erden in diesen Gebieten eines Tages durch Tiefseebergbau ausgebeutet werden, scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Es fällt auf, dass die USA es nicht einmal für notwendig erachten, sich der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenen Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) anzuschließen. Russland und China sind zusammen mit 166 weiteren Staaten Teil dieses Gremiums – und setzen sich bei den Verhandlungen für möglichst schnelle Abbau-Regularien ein.
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