Marineland Antibes: Das Schicksal der verbliebenen Orcas

von | 21. Mai 2025 | News - Delfinarien

Schutzgebiete schaffen, Verantwortung übernehmen

Marineland Antibes – einst ein beliebter Freizeitpark an der Côte d’Azur – stand lange Zeit sinnbildlich für das Leiden von Meeressäugern in Gefangenschaft. Auch nach der Schließung des Delfinariums im Januar 2025 hat sich an diesem Status nichts verändert. Das Schicksal der letzten zwei Orcas und zwölf Delfine ist ungewiss, die Sorge um ihre physische und psychische Gesundheit wächst. Ein geschütztes Meeresrefugium wäre die beste Lösung. Doch wie realistisch ist es, dass diesen 14 Tieren endlich ein Leben in Würde ermöglicht wird?

Gesetzeswandel mit Folgen: Das Ende von Marineland

An erster Stelle muss festgehalten werden, dass 2021 in Frankreich ein richtungsweisendes Gesetz verabschiedetet wurde, das die Haltung und Zurschaustellung von Walen und Delfinen in Unterhaltungsprogrammen ab 2026 verbietet. Dieses Gesetz, das auch die Nachzucht beinhaltet, setzte ein deutliches Zeichen – mit der Schließung von Marineland Antibes im Januar 2025 als indirekte Folge. Dass Europas ehemals größter Meereszoo aufgrund fehlender Geschäftsgrundlage seinen Betrieb einstellen musste, markiert einen wichtigen Schritt in Frankreichs Bestrebungen, die Gefangenschaft von Meeressäugern zu beenden und den Tierschutz nachhaltig zu stärken. Und in der Tat: Zu oft mussten wir über Todesfälle und mangelndes Tierwohl im Marineland berichten.

Gescheiterter Verkauf – ein Erfolg für den Tierschutz

Zusätzlich wurde dem Management Einhalt geboten, als der Verkauf der Orcas an japanische Delfinarien oder in den Loro Parque auf Teneriffa vorbereitet wurde. Nicht nur wären die Lebensbedingungen an den genannten Orten noch schlechter gewesen – auch hätten “Wikie” (23 Jahre) und ihr Sohn “Keijo” (11 Jahre) womöglich in Zuchtprogramme aufgenommen werden können und damit das Kapitel der in Gefangenschaft lebenden Orcas weiter verlängert. Das Verkaufsverbot war ein wichtiges Signal und hilft diese Negativspirale zu durchbrechen.

 

Allerdings ergibt sich daraus ein Dilemma mit Ansage: Die 14 Meeressäuger befinden sich noch immer in ihren Becken – und es existieren bislang keine konkreten, tragfähigen Pläne für eine Umsiedlung in ein marines Schutzgebiet. Der öffentliche Druck auf die französische Regierung, wächst – nicht zuletzt durch aktuelle Drohnenaufnahmen der NGO TideBreakers (siehe nebenstehendes Video). Diese vermitteln den Eindruck, dass die beiden Orcas, Wikie und Keijo, sowie die zwölf Delfine unter vernachlässigten Bedingungen leben: Die Becken sind mit Algen überwuchert, das Wasser wirkt trüb, die Tiere apathisch und desorientiert. Die Bilder gingen weltweit durch die Medien – und sorgten für massive Kritik.

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Sea Shepherd France, eng mit den Entwicklungen rund um das Marineland vertraut, sah sich deshalb veranlasst, mit einem öffentlichen Statement für Transparenz zu sorgen. Seit der Schließung des Parks, so die Organisation, sei es nicht mehr notwendig, die Becken wie herkömmliche Schwimmbäder erscheinen zu lassen. Das Wasser stammt direkt aus dem Mittelmeer – entnommen in 70 Metern Tiefe, 600 Meter vor der Küste – und wird vor dem Einlassen durch Sandfilter gereinigt. Die sichtbaren Algen seien ein natürlicher Effekt, da kein (potenziell schädliches) Chlor mehr verwendet werde. Ein gewisser Algenteppich werde zugelassen, um eine naturnahe Umgebung zu schaffen. Das Pfleger:innenteam verhindere laut Sea Shepherd übermäßiges Wachstum.

Trotz des Stellenabbaus nach der Schließung sei die Zahl der zuständigen Taucher:innen konstant geblieben, um die Pflege der Anlagen zu gewährleisten. Erste Renovierungsarbeiten hätten bereits begonnen. Die verbleibenden Tierpfleger:innen, Tierärzt:innen und Taucher:innen achteten streng darauf, dass die Tiere sich nicht in gesundheitsschädlicher oder toxischer Umgebung befinden, betont Sea Shepherd. „Das Letzte, was sie derzeit brauchen, ist eine Verleumdungskampagne“, heißt es in dem Statement.

Was jetzt passieren muss – und wer die Verantwortung trägt

Einig sind sich alle Tierschutzorganisationen darin, dass die Situation der verbliebenen Orcas und Delfine im Marineland Antibes nicht weiter ausgesessen werden darf. Was die Tiere jetzt brauchen, ist ein sicheres, betreutes Schutzgebiet, in dem sie würdevoll ihren Lebensabend verbringen können. Diese sogenannten Meeresrefugien bieten zwar keine völlige Freiheit, aber deutlich bessere Lebensbedingungen: naturnähere Becken, kein Showbetrieb, Betreuung durch Meeresbiolog:innen und ein Umfeld, das auf die individuellen Bedürfnisse der Tiere eingeht.

Die französische Regierung steht dabei in der Verantwortung. Frankreich kann und darf sich nicht aus der Affäre ziehen, indem es die Tiere einfach anderen Ländern oder Institutionen überlässt. Schließlich hat der Staat über Jahre hinweg die Haltung dieser Tiere in Marineland zugelassen. Zudem war der jetzige Status quo durch die Verabschiedung des Gesetzes von 2021 vorhersehbar. Die Politik hätte gemeinsam mit dem Marineland-Management rechtzeitig Vorsorge treffen müssen – insbesondere angesichts der Tatsache, dass es bislang keine funktionierenden Schutzgebiete gibt. So sehr marine Refugien als Lösung für in Gefangenschaft lebende Orcas und Delfine diskutiert werden, so ernüchternd ist die Realität: Weltweit existieren kaum erprobte Einrichtungen, insbesondere nicht für Orcas.

Jetzt handeln: Schutzgebiete schaffen

Nichtsdestotrotz hat Sea Shepherd France einen konkreten Vorschlag gemacht: Die Organisation ist bereit, gemeinsam mit Partner:innen ein Schutzgebiet zu errichten – und würde hierfür fünf Millionen Euro zur Verfügung stellen. Bislang fehlt die Unterstützung der französischen Politik. Dabei liegt hier die einmalige Chance, ein internationales Vorzeigeprojekt für artgerechtere Haltung von Meeressäugern zu schaffen – und endlich einen Schlussstrich unter dieses traurige Kapitel zu ziehen.

Mit der Petition „Frau Ministerin, verraten Sie nicht die Meeressäuger von Marineland“ hat Sea Shepherd France eine Möglichkeit geschaffen, wie jeder und jede von uns aktiv werden kann. Auch die GRD sieht in der Petition ein wichtiges Mittel, um den Druck auf die politisch Verantwortlichen aufrechtzuerhalten.

Vor allem aber ist es unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die 14 Meeressäuger im Marineland nicht in Vergessenheit geraten – und endlich die Aufmerksamkeit und den Schutz bekommen, den sie verdienen.

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