Nach dem Tod des Orca-Kalbs „Ula“: Wie viele Orcas müssen im „Loro Parque“ noch sterben?

Der „Loro Parque“ auf Teneriffa meldet in diesem Jahr bereits den zweiten toten Orca
Wieder einmal stirbt ein Orca in Gefangenschaft, wieder einmal betrifft es den Loro Parque auf Teneriffa: Im Alter von knapp drei Jahren ist das Orca-Kalb „Ula“, Tochter des 2010 gestrandeten Orca-Weibchens „Morgan“, gestorben. „Ula“ ist in diesem Jahr bereits der zweite Schwertwal, der tot aus dem Loro Parque abtransportiert wird. Im März ereilte „Skyla“ das gleiche Schicksal.
Die Geschichte der Orcas „Morgan“ und „Ula“ bewegt die Welt
Die tragischen Begebenheiten, die mit dem Tod von „Ula“ einhergehen, sind erschütternd. Um die gesamte Tragweite zu verstehen, muss in das Jahr 2010 zurückgeblickt werden, als „Ulas“ Mutter „Morgan“ im Wattenmeer der Niederlande gesichtet wurde. Obwohl sie untergewichtig war, konnte „Morgan“ frei schwimmen, als sie vom Delfinarium Harderwijk gefangen genommen wurde. Zuvor stellte die niederländischen Regierung dem Tierpark eine „Rettungs-, Rehabilitations- und Freilassungsgenehmigung” aus.
Trotz Protesten und Gerichtsverfahren: Orca „Morgan“ bleibt in Gefangenschaft
Die Pfleger in Harderwijk brachten Morgan wieder auf ein normales Körpergewicht, nach Angaben der „Free Morgan Foundation“ weigerte sich das Delfinarium allerdings anschließend, die ausstehenden Vereinbarungen umzusetzen. Schlimmer noch: Anstatt den gesunden Wal wieder in die Freiheit zu entlassen, hielt der Tierpark „Morgan“ 18 Monate lang in einem winzigen Becken gefangen und zwang den Orca verschiedene Tricks zu lernen. Aus Protest gegen diesen Verstoß schloss sich eine Gruppe niederländischer Tierschützer zur Orca-Koalition zusammen und verklagte den Themenpark und die niederländische Regierung. Die erhoffte Rettung vor Gericht blieb allerdings aus und so wurde „Morgan“ ihrer Rechte entzogen – gegen den Protest zahlreicher Orca-Experten.

Die Orca-Dame „Morgan“ hat seit einiger Zeit einen eigenen Eintrag bei Wikipedia.
Nächste Station war der Themenpark „Loro Parque“ auf der Kanaren-Insel Teneriffa, wohin die Wal-Dame im November 2011 verschifft wurde. Anstatt wie bisher lebendige Meerestiere zu jagen, werden „Morgan“ hier tote Fische vorgesetzt. Anstatt in ihrem eigenen Familienverbund zu schwimmen, wurde sie einer neuen Gruppe zugeteilt. Dass ein Delfinarium nicht ansatzweise mit dem gewohnten Umfeld im Meer mithalten kann, liegt auf der Hand. Gleiches gilt für die unsäglichen Shows, in denen „Morgan“ zusammen mit anderen Schwertwalen alltäglich verschiedenste Tricks aufführen muss, die nicht ihrem normalen Verhalten entsprechen.
„Loro Parque“: das Sterben der Orcas
Der Loro Parque auf Teneriffa meldete den Tod von “Ula” via Facebook.
Damit nicht genug. „Morgan“ wurde in das Nachzucht-Programm des „Loro Parque“ aufgenommen und brachte im September 2018 das Kalb „Ula“ zur Welt. Zuchtversuche in Delfinarien stehen weltweit aufgrund der hohen Todesraten in der Kritik, einige Länder wie beispielsweise Frankreich haben diesbezüglich bereits Verbote erlassen. Auf den Kanaren gibt es solche Restriktionen nicht – und so kam es, wie es kommen musste: „Ula“ starb vor wenigen Tagen im Alter von knapp drei Jahren in Gefangenschaft. Bereits im April war das Kalb schwer erkrankt, erholte sich jedoch wieder. Anfang August verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand nach Angaben des Zoos plötzlich erneut, dieses Mal kam aber jede Hilfe zu spät. (Lesetipp: Club Med verabschiedet sich von Delfinshows)
„Ula“ starb am Dienstag, den 10. August; die genaue Todesursache wurde noch nicht mitgeteilt. Fest steht: Ein Leben im Betonbecken ist gesundheitsschädigend für Orcas. Dafür braucht es keine Untersuchung.
Bereits im März musste der „Loro Parque“ den Tod eines anderen Orcas melden: Das Weibchen „Skyla“, geboren im SeaWorld-Park Orlando, Florida, wurde nur 17 Jahre alt. Das Kalb „Vicky“, das 2013 ebenfalls im Rahmen des Zuchtprogramms verstarb, wurde noch nicht einmal ein Jahr alt.
Touristen müssen sich ihrer Eigenverantwortung bewusst sein
Dass Tierparks wie der „Loro Parque“ von sich aus ihren Betrieb zum Wohl der Tiere herunterfahren und die Tore der Delfinarien selbst schließen, ist Wunschdenken. Daher kann nur an die Touristen appelliert werden, sich über die eigene Machtfülle im Klaren zu sein. Wenn das zahlende Publikum mit dem Portemonnaie abstimmt und den Delfinshows eine deutliche Absage erteilt, wäre ein großer Schritt gemacht.
Foto: Loro Parque / Screenshot Wikipedia
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