Forschung: Hinweise auf Alzheimer bei gestrandeten Delfinen

Können Delfine die gleichen kognitiven Defizite wie Menschen bekommen?
Drei vor der schottischen Küste gestrandete Delfinarten, darunter ein Großer Tümmler und ein Grindwal, weisen einer Studie zufolge klassische Anzeichen der Alzheimer-Krankheit auf. Möglicherweise bringen die jüngsten Ergebnissen auch etwas Licht ins Dunkel hinsichtlich der Massenstrandungen von Delfinen und Walen.
Nach wie vor rätselhaft: Wenn Gruppen von Meeressäugern stranden
Rund 2000 Meeressäuger sterben jährlich infolge von Massenstrandungen. Warum die Tiere in Gruppen stranden, ist nach wie vor ein Rätsel. Als mögliche Gründe werden eine Störung in der Echoortung, Veränderungen am Magnetfeld der Erde oder Flucht vor Fressfeinden genannt. Auch der vom Menschen verursachte Unterwasserlärm zählt zu den eventuellen Ursachen. Eine belastbare Erklärung für dieses Phänomen gibt es bis dato allerdings nicht – vielleicht kann die neue Studie Hilfestellung bei der Suche nach neuen Erkenntnissen liefern.
Gehirnveränderung bei alten Delfinen
Im Rahmen dieser Forschungsarbeit, die am 13. Dezember 2022 im „European Journal of Neuroscience“ veröffentlicht wurde, analysierten die WissenschaftlerInnen die Gehirne von 22 Zahnwalen (Risso-Delfine, Langflossen-Grindwale, Weißschnauzendelfine, Schweinswale und Große Tümmler), die alle in schottischen Küstengewässern gestrandet waren. Die Forscher stellten fest, dass vier Tiere jene Gehirnveränderungen aufweisen, die man mit der Alzheimer-Erkrankung beim Menschen assoziiert.
„Ich war schon immer daran interessiert, die Frage zu beantworten, ob nur Menschen an Demenz erkranken. Unsere Ergebnisse geben eine Antwort auf diese Frage, da sie zeigen, dass die mit Demenz verbundene Pathologie nicht nur bei menschlichen Patienten auftritt“, erklärt Mitautor Professor Frank Gunn-Moore. „Wir waren fasziniert von den Gehirnveränderungen bei alten Delfinen, die denen bei der menschlichen Alterung und der Alzheimer-Krankheit ähneln“, ergänzt Professor Tara Spires-Jones.
The study included five different species and found that four animals from different dolphin species had some of the brain changes associated with Alzheimer’s disease in humans.
— University of Glasgow (@UofGlasgow) December 19, 2022
Read the full study ⬇️ https://t.co/0dmkUfF78x
Hypothese des „kranken Anführers"
Aus der Forschungsarbeit geht hervor, dass die Ergebnisse die Theorie des sogenannten „kranken Anführers“ stützen könnte. Die StudienautorInnen beschreiben in diesem Kontext folgendes Szenario: Wenn der Anführer einer Gruppe von Delfinen an einem neurodegenerativ bedingten kognitiven Verfall leidet, könnte dies zu einer Desorientierung des Leittieres führen, die schlimmstenfalls damit endet, dass die Gruppe in flaches Wasser gerät und anschließend strandet.
Hierbei handelt es sich um eine unbewiesene Annahme. Ob Alzheimer tatsächlich als Faktor bei Massenstrandungen in Betracht käme, müssten weitergehende Forschungen erst unter Beweis stellen.
Zur Studie der Universität Glasgow
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