Akustische Meeresverschmutzung
Gefahren für Delfine
Gefahren für Delfine: Akustische Meeresverschmutzung
Lärm im Meer
Anthropogener Schall ist mittlerweile eine der größten Bedrohungen für Delfine und andere Meeressäugetiere. Denn ihr Gehörsinn ist hoch spezialisiert. Delfine leben in einer Welt des Schalls, sie “sehen” mit den Ohren und benutzen Schall um sich mit Hilfe ihrer Echoortung ein Bild von der Umgebung zu machen oder Beute zu orten.
Delfine sind in der Lage, auf einen Meter Entfernung Gegenstände bis auf einen Zentimeter genau zu orten. Aus dem Echo ihrer hochfrequenten Schallimpulse, auch Clicks genannt, können Delfine zudem Rückschlüsse über die räumliche Gestalt eines Angreifers oder eines Beutefisches gewinnen. Pfiffe und Klicklaute dienen zur Kommunikation. Doch unsere Meere werden immer lauter. Die Globalisierung hat zu einer erheblichen Zunahme des Schiffsverkehrs geführt, Tendenz weiter steigend.
Explorationsschiffe sind unterwegs auf der Suche nach Öl und Gas, Bohrplattformen quetschen den letzten Tropfen Öl aus dem Meeresboden, Windparks, Flughäfen und Fabriken werden ins Meer gebaut, Sand und Kies vom Meeresgrund abgebaut. Militärs benutzen laute Sonare zur U-Boot-Ortung, die für zahlreiche Walstrandungen verantwortlich gemacht werden.
Anthropogener Schall macht Lebensräume unbrauchbar oder die Tiere krank. Im “Nahbereich” um Schallquellen können Delfine Gehörschäden erleiden. Besonders gefährlich ist kontinuierlicher Lärm (wie von Schiffen und Baggern) oder Schallimpulse sehr hoher Intensität (wie bei Sonaren, Airguns oder Luftpulsern, Rammgeräuschen oder Unterwasserexplosionen).
Wie stark die von Menschen verursachte akustische Meeresverschmutzung das Verhalten von Delfinen beeinflusst, wurde Anfang 2023 in einer Studie untersucht. Das Ergebnis: Bei zunehmendem Unterwasserlärm müssen sich die Meeressäuger gegenseitig „anschreien“, um miteinander kommunizieren zu können. Die Tiere versuchen zwar, den Lärm zu kompensieren – auf Dauer sind aber schwerwiegende Beeinträchtigungen vorprogrammiert.
Sprengung von Munitionsaltlasten
Nach Schätzungen von Experten wurden unmittelbar nach dem II Weltkrieg von den Alliierten zwischen 400.000 und 1,3 Mio. Tonnen Altmunition in Nord- und Ostsee versenkt. Neben TNT enthalten die Rüstungsaltlasten auch Schwermetalle und tödliche Nervengase. Gängige Methode zur Beseitigung der Altlasten ist deren Sprengung. Dies führt zu extremen Schallbelastungen, die für die meisten Tiere im Nahbereich tödlich sind.
Im November 2019 starben mindestens 18 Schweinswale nachdem die Bundeswehr ohne weitere Schallschutzmaßnahmen 40 Weltkriegsminen in der Ostsee sprengte.
Im November 2010 veranstalteten NABU, GRD und GSM den internationalen Kongress MIREMAR (Minimizing Risks for the Environment in Marine Ammunition Removal in the Baltic and North Sea) zur schonenden und damit die Umwelt weniger belastenden Beseitigungsmaßnahmen von Munition in Nord- und Ostsee.
Die Konferenz knüpfte an eine Veranstaltung aus dem Jahr 2007 in Kiel an, bei der erstmals auf die Gefahren von Altmunition aufmerksam gemacht und neue Methoden zur Beseitigung diskutiert wurden. Diese sind bereits die Grundlage für aktuelle Versuche in der Kieler Außenförde, mit Hilfe mit Blasenschleiern Meeressäugetiere vor Sprengungen zu schützen. Wir fordern die Bergung und Vernichtung der Altmunition an Land und für Fälle, in denen dies nicht möglich ist, die Durchführung effektiver Lärmminderungsmaßnahmen, damit sichergestellt ist, dass Meeressäugetiere nicht zu Schaden kommen.
Munition im Meer ist eine tickende Zeitbombe, die erhebliche Auswirkungen auf die Meeresumwelt, Fischerei, den Tourismus und die Schiffssicherheit hat. Es gilt Sprengungen im Meer so weit wie möglich zu vermeiden. Alternative Bergtechniken müssen eingesetzt und weiter entwickelt werden. Dafür setzen wir uns ein!
Seismik - Tödliche Gefahr für Meerestiere
Unser Energiehunger führt zu erheblichen Schallbelastungen. In jeder Phase der Öl- und Gasgewinnung im Meer (Suche, Bohrung, Bau und Rückbau von Plattformen, Transport, Verschließen von Bohrlöchern durch Sprengungen) sind durch laute Schallemissionen negative Auswirkungen auf Delfine und andere Meeressäugetiere zu erwarten.
Während der Exploration werden z. B. Druckluft- und Wasserkanonen und Sonare benutzt, die stark gerichtete Breitbandschallpegel von bis zu 259 dB produzieren. Airguns oder Luftpulser können dabei noch in 2.000 Kilometer Entfernung Meeressäuger stören, wie eine Studie des Umweltbundesamtes aus 2014 zeigt. Beim Einsatz der sogenannten 3-D-Seismik bei der Erdgas- und Erdöllagerstättensuche auf Hoher See werden mit Druckluftpulsern oder Luftkanonen (airguns) in schneller Abfolge, ca. alle 5-10sec., gerichtete explosionsartige Knalle mit Schalldrücken von bis zu 265 dB erzeugt.
Insbesondere für die geräuschempfindlichen Delfine und Wale kann dies zu vorübergehenden und sogar andauernden Vertreibungen aus den Lebensräumen führen. Schalldrücke von über 260 dB können bei Walen und Delfinen schwere Gehörschäden bis zur Taubheit hervorrufen, in unmittelbarer Nähe wirken sie tödlich. Aber auch bei Fischen kann es im Nahbereich zu ernsten Verletzungen kommen. Insbesondere Fischeier, die verschiedenen Larvenstadien, Jungfische und alle Fischarten mit Schwimmblase sind betroffen. Auch Seevögel und am Boden lebende wirbellose Tiere sind durch seismische Untersuchungen gefährdet. Seevögel können sowohl tauchend aber auch wenn sie an der Wasseroberfläche schwimmen, durch Schädigungen ihrer luftgefüllten Körperhöhlen beeinträchtigt werden.
Die durch seismische Tests ins Meerwasser eingebrachte Schallenergie steht nach Nukleartests und sonstigen Explosionen an dritter Stelle entsprechender schädlicher menschlicher Aktivitäten für die Meeresumwelt. Wir fordern ein Verbot sämtlicher seismischer Untersuchungen sowie einen effektiven Schutz der Meerestiere vor schallintensiven Eingriffen.
Schiffslärm
Ständiger Schiffslärm im Bereich von Wasserstraßen vertreibt Meeressäuger oder macht sie taub. Kommunikationslaute in ähnlichen Frequenzen wie der Unterwasserlärm werden übertönt. Man spricht dabei von einer “Maskierung”. Der Breitbandschallpegel eines Supertankers kann bis zu 205 dB betragen. Einzelne drehzahlabhängige Töne erreichen 150 dB.
Gehörschäden bei Meeressäugern werden bis zu einer Entfernung von 500 m vermutet. Schnell fahrende Schiffe bergen zudem ein hohes Potenzial für Störungen oder Kollisionen mit kleinen und großen Walen.
Rammarbeiten machen Lebensraum unbrauchbar
Bei Rammarbeiten an den Fundamenten von Offshorewindparks oder Ölfördereinrichtungen entstehen noch höhere Schallpegel (bis 218 dB). Impulshafter Schall über lange Zeiträume birgt ein Risiko für dauerhafte Gehörschäden noch in einem Abstand von über einem Kilometer. Maskierungseffekte von Rammgeräuschen werden in einer Entfernung von über 40 km vermutet und Verhaltensänderungen bei Schweinswalen noch in 20 km Entfernung dokumentiert.
Militärische Sonare
Für Delfine und ihre Verwandten sind die gefährlichsten militärischen Aktivitäten Unterwasserexplosionen und die Nutzung von Mittelfrequenzsonaren mit hohen Reichweiten. Diese Sonare haben einen Pegel von 235 dB. Ein Verletzungsrisiko, das Risiko für Gehörschäden, Maskierung und Störungen können noch in einer Entfernung von vielen Kilometern auftreten. Taktische MIttelfrequenz-Sonare (MF Sonare) operieren mit frequenzmodulierten Tönen von ca. 2 bis 8 kHz mit einem Nenn-Schallpegel von 235 dB (der maximale Pegel kann noch lauter sein).
Die Verwendung derartiger Sonare hat seit den 1960er Jahren bei ersten Tests und seit den 1980er Jahren bei Militärmanövern regelmäßig zu Massenstrandungen von Walen geführt. Bei tieftauchenden Walarten wie Schnabelwalen führt nach derzeitiger Kenntnis der Einsatz dieser extrem weit reichenden Sonare zum panikartigen Auftauchen. Durch die schnelle Druckänderung beim Auftauchen perlt Stickstoff aus dem Blut, was zu Gas- und Fettembolien führt. Diese können akut zum Tod führen oder durch Schäden am Gehör die Orientierung der Tiere so stark beeinträchtigen, dass sie stranden und sterben. Seit 1980 wurden 165 gestrandete Schnabelwale nach dem Einsatz taktischer MF Sonare und 70 Todesfälle von neun anderen Walarten dokumentiert.