Fischerei-Verbot in der Biskaya infolge des großen Delfin-Sterbens

von | 24. Januar 2024 | News - Delfine

Wird das Massensterben fortgesetzt?

Im Golf von Biskaya sterben jedes Jahr tausende Gemeine Delfine infolge von Beifängen. Nach EU-Recht sind Frankreich und Spanien dazu verpflichtet, Bestandserhaltungsmaßnahmen zu ergreifen, um dieses Massaker zu stoppen. Die französische Regierung hat – auch aufgrund des zunehmenden Drucks von Tier- und Umweltschutzorganisationen – mit einem temporären Fischereiverbot reagiert. Dieses aber greift zeitlich zu kurz und ist zudem gespickt mit Ausnahmen.

++++ Update vom 24. Januar 2024: Die Delfine im Golf von Biskaya können einen Monat lang durchatmen! +++

Vom 22. Januar bis zum 20. Februar 2024 gilt ein Fangverbot für Fischerboote über acht Metern Länge entlang der französischen Küste. Genauer gesagt bleiben in dieser Zeit 450 Schiffe im Hafen, was das Risiko für die im Golf von Biskaya lebenden Gemeinen Delfine, als Beifang in den Netzen der Fischerei zu enden, auf ein Minimum reduziert – zumindest vorübergehend.

Viel zu lange wurde seitens der Politik darüber hinweggesehen, dass alljährlich in den Wintermonaten tausende Delfine vor der Küste getötet werden. In den vergangenen Jahren geht die Forschungseinrichtung L’Observatoire Pelagis von bis zu 10.000 Tieren pro Jahr aus. Das beharrliche Engagement verschiedenster Tierschutzorganisationen hat es schließlich ermöglicht, den Delfinen diese dringend benötigte Pause von der Fischerei zu verschaffen.

• Bereits 1993 prangerten Aktivist:innen den Einsatz großer Treibnetze an, die heute an der französischen Küste vielerorts verboten sind.

• Die GRD dokumentierte als erste deutsche Delfinschutzorganisation vier Jahre später die Delfinmassaker im Golf von Biskaya und forderte zusammen mit anderen Organisationen effektive Lösungen zum Schutz der Delfine von der EU-Kommission.

• 2005 wurden Delfin-Schutznetze getestet – ohne Erfolg. Die Todesrate blieb viel zu hoch.

Den politischen Durchbruch des vergangenen Jahres gilt es jetzt zu nutzen, um weitere Maßnahmen zum Schutz der Delfine umzusetzen. Dazu gehört das Verbot nicht-selektiver Fangmethoden in den Lebensräumen geschützter Arten. Auch wird – unterstützt durch die Empfehlung des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) – die Installation von Kameras an Bord der Boote gefordert. Durch diese Maßnahme sollen die negativen Auswirkungen der Fischerei auf die bedrohten Meerestiere besser dokumentiert werden.

Tausendfaches Delfinsterben an französischen Küsten

Jedes Jahr von Neuem ereignet sich im Golf von Biskaya eine Tragödie, bei der tausende Gemeine Delfine in den Schleppnetzen französischer, spanischer und portugiesischer Fischer:innen getötet werden. Man schätzt, dass dabei mindestens 10.000 Meeressäuger zu Tode kommen.  

Delfine und Schweinswale nähern sich insbesondere kurz vor Frühlingsbeginn den Küsten im Golf von Biskaya, um nach Nahrung zu suchen. Dort treffen sie unglücklicherweise auf industrielle Fischereischiffe, in deren bis zu 50 Kilometer langen Netzen sie oftmals als Beifang ertrinken. Wenn die Kadaver schließlich an die Küsten getrieben werden, fehlt vielen Tieren die Fluke, da die Fischer:innen sie beim Schneiden aus den Netzen kurzerhand verstümmeln.

Halbherziges Fischereiverbot

Die französische Regierung stand in jüngster Vergangenheit unter Zugzwang, da sowohl das EU-Parlament als auch zahlreiche Tier- und Umweltschutzorganisationen und der französische Staatsrat Druck auf die Politik ausübten. Gefordert wurde von allen Seiten, dass zeitnah Maßnahmen ergriffen werden, um das Massensterben zu beenden. Doch das, was die Macron-Regierung am 26. Oktober zum Schutz der Delfine und Schweinswale als Gesetz verabschiedete, kann nur als halbherziges Stückwerk betrachtet werden.

Anstelle eines dringend von Expert:innen empfohlenen dreimonatigen Fischereiverbots in der hochriskanten Zeit von Januar bis März wurde lediglich eine vierwöchige Sperrfrist vom 22. Januar bis 20. Februar verhängt. Darüber hinaus beschränkt sich die Verordnung auf Fischereifahrzeuge mit einer Mindestgesamtlänge von acht Metern und bietet eine Vielzahl an Schlupflöchern. Zum Beispiel dürfen Schiffe, die mit „aktiven technischen Vorrichtungen zur Reduzierung des Beifangs“ ausgerüstet sind, weiterhin unbehelligt im Golf von Biskaya fischen. In den betreffenden Gebieten haben sich diese sogenannten Pinger in der Vergangenheit als wenig effektiv bei der Vermeidung von Beifang erwiesen.

Klageschrift wird vorbereitet

Auch wenn es auf den ersten Blick ein Schritt nach vorn ist, dass die Regierung ein temporäres Fischfangverbot auf den Weg brachte, so ist dieses Gesetz unseres Erachtens und nach Meinung französischer Tierschutzverbände wie u.a. Sea Shepherd France nicht ausreichend, um das Tausendfache Delfinsterben zu beenden. Derzeit bereiten die Verbände eine Klage vor, damit sich die Politik stärker an den Vorgaben des französischen Staatsrats orientiert. Frankreichs oberstes Verwaltungsgremium hatte der Regierung im Frühjahr 2023 die zeitweilige Sperrung von Fanggebieten auferlegt (wir berichteten).

 

Fotos:Sea Shepherd France

 

Helft mit!

 

l

Weitere Artikel

Schwarzdelfine bevorzugt: Wichtige Erkenntnisse zum Jagdverhalten von Orcas im Humboldtstrom

Erstmals ist es Wissenschaftler:innen gelungen, eine bis dato weitgehend unbekannte Population von Orcas vor der chilenischen Küste zu erforschen – insbesondere hinsichtlich ihres Jagdverhaltens. Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass diese Orcas außergewöhnlich geschickte Säugetierjäger sind, die Delfine attackieren und ihre Beute anschließend untereinander aufteilen. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie zum Ökotyp Typ A gehören – ein potenziell wichtiges Puzzlestück für das Verständnis und die Erhaltung der Orca-Populationen in der südlichen Hemisphäre.

weiterlesen

Meeresraumplanung in der Nordsee: Gibt es noch Platz für die Schweinswale?

Die Schweinswale in der Nordsee sind gefährdet – was nicht verwundert, denn der Nutzungsdruck auf unser heimisches Meer ist enorm. Ob als Nahrungsquelle, zur Energiegewinnung, zum Rohstoffabbau, als Verkehrsnetz, für Freizeit und Tourismus – die Liste ist lang und ließe sich leicht fortsetzen. Die entscheidende Frage ist: Können die vielfältigen und zum Teil miteinander konkurrierenden Interessen in Einklang gebracht werden, ohne dass der Naturschutz und damit auch die Schweinswale auf der Strecke bleiben? Da diese Frage elementar für die Zukunft des Schweinswals ist, haben wir Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, und Lothar Koch, Biologe und Naturschützer, um ihre Einschätzung in Form eines Interviews gebeten.

weiterlesen

Interview mit Lothar Koch, Biologe und Naturschützer

Sebastian Unger ist der erste Meeresschutzbeauftragter der deutschen Bundesregierung. Mit seiner Ernennung im September 2022 will die Bundesregierung die wachsende Bedeutung des Meeresschutzes und die Führungsrolle, die Deutschland dabei einnehmen will, unterstreichen. Die GRD befragte den 48-jährigen Meeresbiologen zu den bedrohten Schweinswalen vor den deutschen Küsten und zur Rolle des Walschutzgebietes vor Sylt.

weiterlesen

 

 

 

Spendenkonto

Gesellschaft zur Rettung der Delphine
SozialBank AG
IBAN:
DE09 3702 0500 0009 8348 00
BIC:
BFSWDE33XXX

 

 

 

Ihre Spenden, Patenschafts- und Förderbeiträge sind steuerlich absetzbar.

Ihre Hilfe kommt an

Die GRD ist als gemeinnützig und
besonders förderungswürdig anerkannt.

Zum Newsletter anmelden

Bitte tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse ein.

Vielen Dank für Ihr Abonnement!