Adria-Delfin “Košara”: Eine Geschichte von Hoffnung und Überleben

Kaum jemand hätte 2013 auf das Überleben von „Košara“ gewettet
Kaum jemand hätte im Herbst 2013 darauf gewettet, dass „Košara“ die kommenden Wochen oder gar Monate übersteht. Zu groß waren die Verletzungen an Rücken, Schnauze und Hals, zu kümmerlich der Rest der Fluke, zu gravierend die Gewebewucherungen von eingewachsenen Resten eines Fischernetzes. Als zudem noch eine Rettungsaktion scheiterte, schien das Schicksal des Großen Tümmlers besiegelt. Doch „Košara“ bewies eine bemerkenswerte Resilienz.
Eine Wiederbegegnung, die für Freude sorgt

Kaum jemand hätte 2013 auf das Überleben von „Košara“ gewettet – aber dieser Adria-Delfin bewies eine unglaubliche Resilienz. Weiter so, „Košara“!
Im Rahmen unseres Citizen Science Projekts „Adria-Delfine – bitte melden!“ gehen täglich Sichtungsmeldungen von Delfinen, Mönchsrobben, Meeresschildkröten und Finnwalen ein, die dem GRD-Team von Kroatien-Urlaubern zugespielt werden. Seit 2001 liefern diese Daten durch die Weitergabe zur Auswertung an das IWC wichtige Hinweise zum Bestand und zum Verhalten der Meeressäuger in den Gewässern vor Kroatien. Am 28. Februar dieses Jahres meldete Friederike S. eine Delfinsichtung vor der Küste von Iž und lieferte uns zusätzlich zwei Fotos (siehe oben).
Ein weißer Streifen auf dem Kopf des Tieres erregte die Aufmerksamkeit des GRD-Teams und ließ nach Korrespondenz mit unserer kroatischen Projektpartnerin und Tierärztin Dr. Martina Đuras aus Zagreb einen sehr konkreten Verdacht aufkommen: Ist auf dem Foto der Delfin „Košara“ zu sehen? Die Meeressäuger-Expertin studierte das vorliegende Bildmaterial eingehend und kam zur Erkenntnis: „Anhand der Stelle der Narbe und der Form der Rückenflosse kann man mit großer Sicherheit sagen, dass es sich um Košara handelt.“
Erfolglose Rettungsaktion

Einfach nur schlimm: Eingewachsene Netzreste waren 2013 an den Flippern und am Bauch von „Košara“zu sehen.
Diese Tatsache wiederum ist bemerkenswert, schließlich hatte es das Schicksal vor knapp elf Jahren alles andere als gut mit dem Großen Tümmler gemeint. Letzterer sah einfach nur schlimm aus, als er 2013 erstmals gesichtet wurde. Lediglich ein kümmerlicher Rest der Fluke war ihm geblieben, dafür waren große Gewebewucherungen von eingewachsenen Resten eines Fischernetzes auf seinem Rücken zu sehen. Deutlich erkennbar auch: eingewachsene Netzreste zwischen den Flippern und auf seinem Bauch. Mehrere Tage lang wurde versucht, „Košara“ einzufangen, ihn von den Netzresten zu befreien und veterinärmedizinisch zu behandeln. Doch die Meeressäuger-Spezialisten von der Universität Zagreb und das GRDTeam mussten erkennen, dass dieses Tier „nicht zu den Delfinpersönlichkeiten gehört, die von sich aus Hilfe bei Menschen suchen.“ So wurde die groß angelegte, aber letztlich gescheiterte Rettungsaktion zusammengefasst.
Kaum jemand gab dem Adria-Delfin aufgrund der Intensität der Verletzungen große Überlebenschancen – und Ende Oktober verschwand der Große Tümmler tatsächlich. Doch „Košaras“ Geschichte war noch nicht zu Ende geschrieben – noch längst nicht. Am 6. Juli 2016, fast drei Jahre später, wurde er in der Region Šibenik-Knin wieder gesichtet, diesmal in einer großen Delfinschule. Seine Rückkehr löste große Freude und Erleichterung bei denjenigen aus, die sich so sehr um sein Überleben bemüht hatten. 2017 und 2019 folgten weitere Sichtungen und nun im Februar – knapp elf Jahre nach der Erstmeldung des schwer gezeichneten Delfins – die jüngste Dokumentation seiner Aktivitäten in den Gewässern vor Zadar.

Sein Überleben ist Zeugnis für die bemerkenswerte Resilienz von Delfinen. „Košara“ hat gelernt, mit dem Rest seiner Schwanzflosse geschickt zu tauchen, zu schwimmen und zu jagen. Zu erkennen ist dieses außergewöhnliche Individuum übrigens an seiner charakteristischen halbmondförmigen Narbe am Hals. Wenn auch in den kommenden Jahren Sichtungsmeldungen wie jene vom 28. Februar in der GRD-Zentrale eintreffen, würde uns dies über alle Maßen freuen.
Fotos: MARTINA ĐURAS, FREDERIKE S., Sabtina Eicher
Helfen Sie Adria-Delfinen jetzt mit Ihrer Patenschaft
STRELICA
Strelica (Pfeil) wurde gemeinsam mit den Patendelfinen Dobro Jutro und Poveliki beim Wellenreiten beobachtet.
VESELJAK
Veseljak (Spaßvogel) verdankt seinen Namen seiner schier unbändigen Lust an akrobatischen Sprüngen. Oft hielt er mit seiner Energie den Rest der Delfingruppe "auf Trab".
Weitere Artikel
Adria-Delfin mit Seil an der Fluke: Protokoll einer besonderen Rettungsaktion
Seit dem vergangenen Jahr erreichen uns und unsere Projektpartner:innen immer wieder Meldungen über einen Großen Tümmler, der im Novigrader und Kariner Meer mit einem Seil an der Fluke gesichtet wird. Dieser Delfin wurde bereits seit geraumer Zeit beobachtet und ein leider erfolgloser Rettungsversuch unternommen. Im nachfolgenden ausführlichen Protokoll dokumentieren unsere Kooperationsparter:innen die komplexe Rettungsaktion des vergangenen Jahres, den logistischen Aufwand sowie die Herausforderungen der Fangversuche. Auch wenn das Seil noch nicht entfernt werden konnte, scheint der Delfin erstaunlich gut damit zurecht zu kommen.
weiterlesenZwischen Faszination und Frust: Delfinbeobachtungen und Plastikmüll in der Adria
Ralf Sturzbecher segelt jedes Frühjahr entlang der kroatischen Küste – stets in der Hoffnung auf Begegnungen mit Delfinen. Diese dokumentiert der Deutsche für das GRD-Schutzprojekt „Rettung der letzten Adria-Delfine“. Doch seine Begeisterung für die Meeressäuger wird zunehmend getrübt – durch die allgegenwärtige Plastikverschmutzung, die selbst die idyllischsten Buchten nicht verschont.
weiterlesenSichtungen und Totfunde 2024: Deutlicher Rückgang von tot aufgefunden Adria-Delfinen
Im Jahr 2021 verzeichnete die Tiermedizinische Fakultät Zagreb noch 28 verstorbene Delfine an der kroatischen Küste – im vergangenen Jahr waren es weniger als die Hälfte. Zwar ist nicht auszuschließen, dass einige Kadaver unentdeckt blieben, dennoch weckt der rückläufige Trend Hoffnungen auf eine stabile Populations-Entwicklung der letzten rund 220 Adria-Delfine.
weiterlesen