Tiefseebergbau: Verhängnisvoller Wettlauf zum Meeresgrund

Ein Verlust der biologischen Vielfalt ist unvermeidlich und irreversibel – und nicht nur das
Eines der größten Bergbauvorhaben, welches es je auf der Erde gegeben hat, nimmt Fahrt auf und zielt auf die gnadenlose Ausbeutung der Ozeane ab. Der Eingriff in den Lebensraum Meer ist erheblich, die Risiken kaum abschätzbar. Widerstand formiert sich in Protesten und Petitionen.
Die Tiefsee ist der am wenigsten bekannte Lebensraum der Erde. Ein Bereich, der immer noch Ehrfurcht und Staunen hervorruft. Es ist kein Geheimnis, dass Mond und Mars intensiver erforscht werden als die Tiefsee. Und trotzdem meinen Regierungsbehörden und Bergbauunternehmen in der Lage zu sein, gefahrlos und mit zu vernachlässigenden Auswirkungen für marine Ökosysteme in Tiefen von bis zu 4000 Metern graben, bohren und pflügen zu können. Nur um im Rennen um die letzten Rohstoffe des Planeten die Nase vorne zu haben. Ein Trugschluss. Die Risiken sind enorm, eine Überwachung fast unmöglich und die Technologie unbewiesen.
Der Tiefseebergbau erzeugt Trübewolken, deren Ausmaß nicht abzuschätzen ist
In Form von Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden sollen seltene Metalle, die unter anderem für High-Tech-Artikel wie Smartphones benötigt werden, am Meeresboden abgebaut werden. Hierfür werden gewaltige Kettenfahrzeuge und Bohrmaschinen (siehe nebenstehendes Foto) auf den Meeresgrund abgelassen, die anschließend den Boden durchpflügen. Lärm, Licht und Vibrationen werden in dieser sonst ruhigen und dunklen Region an der Tagesordnung sein.
Sedimentpartikel werden aufgewirbelt und es entstehen Trübewolken, die Organismen wie Schwämme, Seesterne oder Muscheln zerstören. Tiefsee-Schwamm- und Korallen-Ökosysteme alleine haben Tausende von Jahren benötigt, um zu wachsen. Damit aber noch nicht genug: Mit Wasser werden die Manganknollen auf Schiffe gesaugt und dort gefiltert. Reste werden abgeleitet und lassen Trübewolken in oberen Wasserschichten entstehen, wo sie andere Ökosysteme empfindlich stören.
Lärm, Lichtverschmutzung und Sedimentfahnen könnten unter anderem Wale und Delfine ernsthaft gefährden. Die Echoortung beispielsweise ist für die Meeressäuger elementar wichtig, um zu kommunizieren oder um Beute zu finden. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass der Lärmpegel in diesen Gebieten nicht nur über einen kurzen Zeitraum, sondern über Jahre und Jahrzehnte extrem hoch wäre.
Und da sich Lärm unter Wasser schnell und sehr effizient ausbreitet, können niedrige Frequenzen unter bestimmten Bedingungen über Tausende von Kilometern im Meer zu hören sein. Für alle Bewohner der Meere ist ein solches Szenario extrem negativ, weshalb sich viele Umweltorganisationen gegen den Tiefseebergbau positionieren. So auch die GRD.
Mit Maschinen wie diesen des Bergbauunternehmens Nautilus Minerals Inc. wird der Meeresboden durchpflügt und durchbohrt. Mitunter können die Planierraupen die Größe eine Einfamilienhauses erreichen.

Weitere Risiken des Tiefseebergbaus
• Der Entzug von Mineralien durch den Menschen würde das biologische Gleichgewicht stören. Durch den Abbau der metallhaltigen Knollen wird die auf ihnen lebende Tiefsee-Fauna unwiederbringlich entfernt – das beinhaltet auch Laichhabitate für seltene Arten.
• Die kontinuierliche und großflächige Beleuchtung der Begleitschiffe in den abgelegenen Regionen der Ozeane könnte Zugvögel massiv irritieren.
• In der Tiefsee herrschen Dunkelheit, Kälte und ein enormer Druck. Sind Planierraupen und Co. für alle Eventualitäten gerüstet? Was passiert bei Schäden wie auslaufenden Hydraulikflüssigkeiten? Auch unvorhersehbare Havarien der Begleitschiffe könnten die Meeresumwelt gefährden. Wer wird hier die Kontrolle innehaben?

Tiefseebergbau und Explorationszonen plus Detailkarte der sogenannten Clarion-Clipperton-Zone, inkl. der für einzelne Länder reservierten Bereiche. (Credit: WikiCommons / Petra Böckmann)
Möglichkeiten, Protest gegen den Tiefseebergbau zu äußern
Man muss kein Prophet sein, um zu realisieren, dass der Tiefseebergbau in Zukunft noch mehr Fahrt aufnehmen wird. Seit den ersten Gehversuchen vor 20 Jahren wurden immer mehr Gebiete erforscht, Geräte zum Abbau professionalisiert (sie haben mittlerweile das Format eines Einfamilienhauses) und die Gier nach den Rohstoffen wird immer größer. Nicht nur in Industrienationen wie China, sondern auch in kleinen Inselstaaten wie Nauru im Pazifik.
Maßnahmen zum Stopp des Tiefseebergbaus gibt es bis dato vor allem in Form von Petitionen. Eine solche hat jüngst ein Mitarbeiter der Blue Planet Society ins Leben gerufen. Die Internationale Meeresbodenbehörde wird aufgefordert, alle Pläne für den Tiefseebergbau zu stoppen und Werte anzuerkennen, die über den wirtschaftlichen Gewinn hinausgehen. Hier geht es zur Petition auf Change.org, die wir ausdrücklich unterstützen und für die wir um eure Mithilfe bitten.
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