Nationale Meereskonferenz: Deutschlands Zukunft beginnt im Meer
Neue Bundesregierung muss Nationale Meereskonferenz als Wendepunkt für den Meeresschutz nutzen
Der Zustand von Nord- und Ostsee ist nach wie vor alarmierend. Wie weit muss sich der Zustand unserer Meere noch verschlechtern, bis anerkannt wird, dass Deutschland mit der bisherigen Politik nicht nur die Biodiversitätsziele deutlich verfehlt, sondern dabei ist, unsere eigenen Lebensgrundlagen zu gefährden? Die erste Nationale Meereskonferenz am 6. und 7. Mai in Berlin bietet die Gelegenheit, der neuen Koalition gleich zu Beginn ihrer Amtszeit die Dringlichkeit wirksamer Maßnahmen vor Augen zu führen. Die Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) fordert eine verantwortungsbewusste und zukunftsfähige Meeresnutzung sowie die Einrichtung wirksamer Schutzgebiete.
Die aktuelle Meeresraumplanung stellt den Naturschutz hinten an
Die Nord- und Ostsee stehen unter massivem Druck. Statt ausgewogener Planung regiert der Verteilungskampf: Fischerei, Schifffahrt, Offshore-Industrie, Militär und sogar die Raumfahrt ringen in der Nordsee um Flächen. Die maritime Raumordnung des Bundes soll eigentlich für Ausgleich sorgen – doch der Ansatz bleibt Theorie. Die Ostsee leidet als weitgehend geschlossenes Binnenmeer besonders unter den anthropogenen Belastungen und ist aktuell eines der schmutzigsten Meere der Welt. Die logische Konsequenz: Beide Gewässer weisen einen besorgniserregenden Zustand auf – geprägt von weitreichender Belastung durch Eutrophierung, Schadstoffe, Müll und Unterwasserlärm.
Die erste Nationale Meereskonferenz in Berlin muss eine Wende einleiten! Ab morgen beraten in der Hauptstadt internationale Expert:innen und politische Entscheidungsträger:innen über den globalen Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meere. Aus Sicht der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) muss die Konferenz genutzt werden, um zentrale Probleme und dringende Handlungsbedarfe ganz oben auf die politische Agenda zu setzen – und den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen.
Krabbenkutter mit Grundschleppnetz
© Christine Schmidt auf Pixabay
Der schlechte Zustand unserer Meere ist die Folge einer unzureichenden Meerespolitik
Deutschland hat sich mit der seit 2008 geltenden Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) wie alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, einen guten Umweltzustand seiner Meeresgewässer zu erreichen. Dieses Ziel wurde mit den bisherigen Maßnahmenpaketen jedoch klar verfehlt. So heißt es auch zu Beginn der aktuellen Zustandsbewertung für Nord- und Ostsee von Deutschland an die EU:
„Weder haben die zu hohen Belastungen durch menschliche Aktivitäten im Bewertungszeitraum ausreichend abgenommen noch hat sich der Zustand der marinen biologischen Vielfalt und der Meeresökosysteme verbessert.“
Fakt ist: Unsere Meere sind großflächig belastet – und das, obwohl über 40 Prozent der nationalen Meeresfläche als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Doch selbst diese bleiben von vielfältigen anthropogenen Nutzungen nicht verschont. Es ist daher kaum überraschend, dass Deutschland die Biodiversitätsziele bislang verfehlt hat. Eine Trendumkehr bei der biologischen Vielfalt wird nur mit einem echten Politikwechsel möglich sein. Blickt man auf den Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD, ist dieser allerdings nicht erkennbar. Schon in der Präambel wird die Sicherung unserer Lebensgrundlagen durch eine aktive Klimapolitik und die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Biodiversität nicht einmal erwähnt.
Geisternetzbergung vor Rügen im Juni 2024: 1,4 Tonnen an gefährlichen Netzen unschädlich gemacht.
Grafik: GRD
Nord- und Ostsee brauchen dringend wirksame Schutzgebiete und weniger Nutzung
Die GRD fordert eine Anpassung der maritimen Raumplanung im Sinne des Ökosystemansatzes. Im Klartext: Naturschutz muss endlich gleichberechtigt neben anderen Nutzungsinteressen stehen. Darüber hinaus müssen die Meeresschutzgebiete ihrem Namen gerecht werden. Managementmängel müssen behoben, die Wirksamkeit durch effektives Monitoring überprüft und Störfaktoren wie industrielle Fischerei, Windkraftanlagen und stark frequentierte Schifffahrtsrouten konsequent ausgeschlossen werden. Um eine Erholung der Artenvielfalt zu ermöglichen, sollte der Anteil von sogenannten Nullnutzungszonen innerhalb der Schutzgebiete mindestens 50 Prozent betragen. Dabei handelt es sich um dringend benötigte Bereiche, in denen jegliche Nutzung durch den Menschen untersagt ist.
Die GRD fordert nicht nur, sondern setzt sich auch aktiv für einen besseren Zustand unserer heimischen Meere ein. Neben Aufklärungsarbeit zum Zustand von Nord- und Ostsee finden regelmäßig Geisternetzbergungen in der Ostsee statt, um diese lautlosen „Killer“ aus der Umwelt zu entfernen. In der Nordsee setzten wir uns gemeinsam mit unseren Partnern für ein wirksames Walschutzgebiet vor Sylt und Amrum ein, um den dortigen Schweinswalen die dringend notwendigen Rückzugsräume zu verschaffen. Jetzt ist die Politik am Zug. Die von der rot-grünen Minderheitsregierung noch im Dezember verabschiedete Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt für die Zeit bis 2030 enthält wichtige Maßnahmen, die einen Beitrag zur Verbesserung des Umweltzustandes unserer Meere leisten können. Wir fordern die zukünftige schwarz-rote Bundesregierung auf, den Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu einer ihrer Kernaufgaben zu machen und die aktualisierte Biodiversitätsstrategie mit Nachdruck umzusetzen.
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