„A Taste of Whale“: Der „Grind“ kommt in die Kinos
Die Delfin- und Walschlachtungen auf den Färöer Inseln stehen im Mittelpunkt eines neuen Dokumentarfilms
„A Taste of Whale“ hat Regisseur Vincent Kelner seinen Dokumentarfilm über die Walschlachtungen betitelt, der gestern in Kopenhagen Weltpremiere feierte. Im Mittelpunkt steht der Fleischverzehr an sich: Ist das Leben eines Wals mehr wert als das eines Schafs oder einer Kuh? Dank eines privilegierten Zugangs werden in dem Film sowohl die Argumente der sich stolz und traditionsbewusst präsentierenden Walfänger gezeigt als auch die der Aktivisten, die sich leidenschaftlich für ein Ende der Grinds einsetzen. Wir zeigen in diesem Beitrag den ersten Trailer von „A Taste of Whale“.
Einmal mehr muss in einem Beitrag im Kontext der Wal- und Delfinschlachtungen auf den Färöer Inseln darauf verwiesen werden, dass die gezeigten Bilder als sehr verstörend wahrgenommen werden können. Für den Trailer des Dokumentarfilms von Regisseur Vincent Kelner gilt dies umso mehr, da die für internationale Kinos feingetunten Bewegtbilder aus der Profi-Kamera noch intensiver wirken als beispielsweise jene heimlich gedrehten Videos von Sea Shepherd, die nach dem Massaker an 1428 Weißseitendelfinen millionenfach geteilt wurden. (Lese-Tipp: Alles über die Schlachtung von 1428 Delfinen auf den Färöern)
Identisch bleibt der Inhalt: Unschuldige Meeressäuger, die rücksichtslos in eine Bucht getrieben werden, panisch im blutgetränkten Wasser umherschlagen und schließlich gnadenlos mit dem Messer von ihren Schlächtern getötet werden. Letztere sieht man im Dokumentarfilm durch die blutrote Bucht stampfen, enthusiastisch auf den nächsten gestrandeten Wal zustürzend oder aber beim Verspeisen des Walfleischs.
Offizieller Trailer: „A Taste of Whale“
Dies rückt der belgische Filmemacher in den Fokus: „Ich wollte mich auf die besonderen Umstände der Färöer Inseln stützen, um ein bedeutendes, globales Thema unserer Zeit zu reflektieren”, sagt Regisseur Vincent Kelner. „Indem ich die Perspektiven von Walfängern und Aktivisten durch vier liebenswerte und leidenschaftliche Personen darstelle, wollte ich, dass das Publikum Zeuge der Grinds wird und mit einer Praxis konfrontiert wird, die allzu oft als selbstverständlich angesehen wird: Um Fleisch auf den Tisch zu bekommen, muss jemand ein Lebewesen töten. Auf den Färöern geschieht dies nicht nur hinter den verschlossenen Türen der Schlachthöfe, sondern in aller Öffentlichkeit, am Strand, für jedermann sichtbar.”
„Wenigstens essen wir keine Tiere, die in winzigen Ställen aufgezogen wurden“, argumentieren die Walfänger. Das Gegenargument der Aktivisten: „Der Grind ist ein Massaker aus dem finsteren Mittelalter, verbunden mit makabrer Unterhaltung“. Mit einem nüchternen und scharfsinnigen Blick für die komplexen Brüche zwischen den Gegensätzen zeigt Regisseur Vincent Kelner den Konflikt, ohne sich aber für eine Seite zu entscheiden.
Massentierhaltung vs. Massaker mit Volksfestcharakter
Noch war es dem Team der GRD nicht möglich, den Film in voller Länge zu sehen, dennoch haben wir uns mit der Thematik hinlänglich beschäftigt. Bereits vor mehreren Monaten betonte Diplom-Biologin Verena Platt-Till im Interview, dass auch unsere Systeme verbessert werden müssen, sodass sie tiergerecht sind – artgerecht kann Massentierhaltung ohnehin nie sein. „Der Unterschied zu den Schlachtungen auf den Färöer Inseln liegt woanders: Dort ist bei einem Grindadráp ein gewisser Volksfestcharakter festzustellen“, so Verena Platt-Till.
„Man sieht auf den Bildern und Videos, wie blutrünstig die Männer auf die Delfine zuspringen und die Tiere quasi abschlachten. Gleichzeitig haben die Kinder schulfrei und sind bei dem blutigen Massaker mittendrin; Arbeiter nehmen sich Urlaub, sodass ein großes Spektakel mit viel Publikum entsteht – unter dem Deckmantel der Tradition der Subsistenzwirtschaft.”
Färinger Schlächter nach einem Grind – Auschnitt aus dem Film “A taste of Whale”
Der Film wurde am 29. März im Rahmen des Dokumentarfilm Festivals „CPH:DOX“ in Kopenhagen uraufgeführt und kommt Ende Mai in ausgewählte Kinos. Auch auf Streaming-Diensten wie Prime oder Apple TV wird „A Taste of Whale“ zu sehen sein.
Foto oben: Screenshot Youtube “A Taste of Whale”
Diskutiert mit uns auf Instagram
Umfrage
Weitere Artikel
Schwarzdelfine bevorzugt: Wichtige Erkenntnisse zum Jagdverhalten von Orcas im Humboldtstrom
Erstmals ist es Wissenschaftler:innen gelungen, eine bis dato weitgehend unbekannte Population von Orcas vor der chilenischen Küste zu erforschen – insbesondere hinsichtlich ihres Jagdverhaltens. Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass diese Orcas außergewöhnlich geschickte Säugetierjäger sind, die Delfine attackieren und ihre Beute anschließend untereinander aufteilen. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie zum Ökotyp Typ A gehören – ein potenziell wichtiges Puzzlestück für das Verständnis und die Erhaltung der Orca-Populationen in der südlichen Hemisphäre.
weiterlesenMeeresraumplanung in der Nordsee: Gibt es noch Platz für die Schweinswale?
Die Schweinswale in der Nordsee sind gefährdet – was nicht verwundert, denn der Nutzungsdruck auf unser heimisches Meer ist enorm. Ob als Nahrungsquelle, zur Energiegewinnung, zum Rohstoffabbau, als Verkehrsnetz, für Freizeit und Tourismus – die Liste ist lang und ließe sich leicht fortsetzen. Die entscheidende Frage ist: Können die vielfältigen und zum Teil miteinander konkurrierenden Interessen in Einklang gebracht werden, ohne dass der Naturschutz und damit auch die Schweinswale auf der Strecke bleiben? Da diese Frage elementar für die Zukunft des Schweinswals ist, haben wir Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, und Lothar Koch, Biologe und Naturschützer, um ihre Einschätzung in Form eines Interviews gebeten.
weiterlesenInterview mit Lothar Koch, Biologe und Naturschützer
Sebastian Unger ist der erste Meeresschutzbeauftragter der deutschen Bundesregierung. Mit seiner Ernennung im September 2022 will die Bundesregierung die wachsende Bedeutung des Meeresschutzes und die Führungsrolle, die Deutschland dabei einnehmen will, unterstreichen. Die GRD befragte den 48-jährigen Meeresbiologen zu den bedrohten Schweinswalen vor den deutschen Küsten und zur Rolle des Walschutzgebietes vor Sylt.
weiterlesen