Selten und faszinierend: Albinismus unter Delfinen und Walen
Extrem seltene Sichtung eines Buckelwal-Albinos
Albinismus kommt bei Walen und Delphinen nur selten vor, was die wenigen Exemplare umso faszinierender erscheinen lässt. Schon Herman Melville nutzte 1851 in seinem weltberühmten Roman „Moby Dick“ die Symbolkraft eines weißen Pottwals. Im Spätsommer 2024 berichteten Zeitungen aus aller Welt über ein Buckelwal-Kalb, das von einem Taucher im Südpazifik gefilmt wurde.
Weißes Buckelwalbaby vor Tonga
„Bei meinem letzten Besuch hier hatte ich das außergewöhnliche Glück, Zeuge von etwas sehr Seltenem zu werden: einem ganz weißen Buckelwalbaby.“ Mit diesen Worten teilte der Fotograf Simon Lorenz im August seine Aufnahmen des Jungtiers, das sich spielend und neugierig neben seiner Buckelwal-Mutter bewegte. Das Duo bewegte sich im Gebiet der Inselgruppe Vava‘u im Königreich Tonga.
Fotograf Simon Lorenz berichtet in diesem Video über seine Begegnung mit dem weißen Wal-Kalb.
Ein Gendefekt mit Folgen
Beim Albinismus handelt es sich um einen Gendefekt, der im Prinzip bei allen Wirbeltieren auftreten kann. Der Körper produziert in diesen Fällen keine dunklen Farbpigmente, was zu der hellen Hautfarbe führt. Ein weiteres charakteristisches Merkmal sind die roten Augen, da auch in der Iris die Farbpigmente fehlen. Ganz sicher können Forscher nur von Albinismus sprechen, wenn die Augen detailliert fotografiert werden, um andere Gendefekte wie Leuzismus (harmlose Mutation, die dazu führt, dass Fell oder Federn weiß und die darunterliegende Haut rosa ist) auszuschließen.
Ob “Moby Dick” oder “Migaloo” – die Faszination von Albinos bei Meeressäugern spiegelt sich auch in der Literatur wider.
Albinos sind gefährdeter als ihre Artgenossen
Bei Meeressäugern wie dem jüngst gefilmten Buckelwal-Kalb im Südpazifik besteht die Gefahr, dass sie aufgrund ihrer hellen und damit aufälligeren Hautfarbe ein leichteres Opfer für Fressfeinde wie z.B. Orcas werden. Weiterhin besteht ein erhöhtes Risiko für Hautirritationen, da die Haut deutlich intensiver auf Sonnenlicht reagiert als bei einer normalen Pigmentierung. Dazu kommt, dass die Tiere in der Regel mit einem eingeschränkten Sehvermögen leben müssen, denn die Augen sind oft sehr lichtempfindlich.
Das Beispiel des wahrscheinlich 1986 geborenen und seit 1991 immer wieder an der australischen Ostküste gesichteten Buckelwals „Migaloo“ zeigt aber, dass auch Albinos ein fortgeschrittenes Alter erreichen können. Forscher:innen halten es für möglich, dass es sich bei dem im Jahr 2023 vor Australien gesichteten weißen Buckelwal erneut um „Migaloo“ handelte.
Weißer Orca im Doppelpack: 2021 wurden im Norden Japans erstmals zwei der seltenen Exemplare gleichzeitig gesichtet. zum Beitrag
Foto: Screenshot von Youtube / Patryn World Latest New
Inwieweit Delfine und Wale mit Albinismus aufgrund ihrer ‚Andersartigkeit‘ sozial ausgegrenzt werden oder Schwierigkeiten bei der Partnersuche haben, wie es bei anderen Tierarten vorkommt, ist bislang zu wenig erforscht.
Trotz aller Neugierde und Faszination ist es daher umso wichtiger, dass diese „Exoten“ vom Menschen nicht unnötig gestört werden und somit die Chance auf ein normales Leben haben.
Weitere Artikel
Schwarzdelfine bevorzugt: Wichtige Erkenntnisse zum Jagdverhalten von Orcas im Humboldtstrom
Erstmals ist es Wissenschaftler:innen gelungen, eine bis dato weitgehend unbekannte Population von Orcas vor der chilenischen Küste zu erforschen – insbesondere hinsichtlich ihres Jagdverhaltens. Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass diese Orcas außergewöhnlich geschickte Säugetierjäger sind, die Delfine attackieren und ihre Beute anschließend untereinander aufteilen. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie zum Ökotyp Typ A gehören – ein potenziell wichtiges Puzzlestück für das Verständnis und die Erhaltung der Orca-Populationen in der südlichen Hemisphäre.
weiterlesenMeeresraumplanung in der Nordsee: Gibt es noch Platz für die Schweinswale?
Die Schweinswale in der Nordsee sind gefährdet – was nicht verwundert, denn der Nutzungsdruck auf unser heimisches Meer ist enorm. Ob als Nahrungsquelle, zur Energiegewinnung, zum Rohstoffabbau, als Verkehrsnetz, für Freizeit und Tourismus – die Liste ist lang und ließe sich leicht fortsetzen. Die entscheidende Frage ist: Können die vielfältigen und zum Teil miteinander konkurrierenden Interessen in Einklang gebracht werden, ohne dass der Naturschutz und damit auch die Schweinswale auf der Strecke bleiben? Da diese Frage elementar für die Zukunft des Schweinswals ist, haben wir Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, und Lothar Koch, Biologe und Naturschützer, um ihre Einschätzung in Form eines Interviews gebeten.
weiterlesenInterview mit Lothar Koch, Biologe und Naturschützer
Sebastian Unger ist der erste Meeresschutzbeauftragter der deutschen Bundesregierung. Mit seiner Ernennung im September 2022 will die Bundesregierung die wachsende Bedeutung des Meeresschutzes und die Führungsrolle, die Deutschland dabei einnehmen will, unterstreichen. Die GRD befragte den 48-jährigen Meeresbiologen zu den bedrohten Schweinswalen vor den deutschen Küsten und zur Rolle des Walschutzgebietes vor Sylt.
weiterlesen