Durch Militärübung? Zahlreiche tote Schweinswale im niederländischen Wattenmeer
Militärübungen und ungesicherte Altmunitionssprengungen könnten aktuell für den Tod von Dutzenden Schweinswalen verantwortlich sein
Binnen weniger Tage wurden auf der Nordseite der niederländischen Watteninseln Dutzende tote Schweinswale angeschwemmt. Allein auf Ameland sollen bis dato mindestens 26 verstorbene Tiere gefunden worden sein. Der Verein Schweinswale e.V. hat internationale Militärübungen mit Altmunitionssprengungen als Ursache in Verdacht.
Neben den zahlreichen Totfunden im niederländischen Wattenmeer berichtet die Küstenwache, dass noch viele weitere leblose Schweinswale (Phocoenidae) im Wasser treiben. Etliche Wale weisen Hämatome und untypische Löcher auf, wie auf den Fotos deutlich erkennbar ist.
Über die Ursache wird derzeit noch spekuliert; durch Autopsien an der Universität von Utrecht erhofft man sich, die Gründe für das Massensterben herausfinden zu können. Eine Krankheit wird als Ursache ebenso nicht ausgeschlossen wie eine Beeinträchtigungen der Schweinswale durch den Bau eines Windturbinenparks im Wattenmeer. Weitere Experten gehen daher davon aus, dass Altmunitionsprengungen für das Massensterben verantwortlich sind. (Lesen sie auch: Tödliches Schweinswal-Massenstreicheln in Grömitz)
Wurden Maßnahmen zum Schutz der Schweinswale getroffen?
„Für mich gibt es fast keinen Zweifel, dass die internationalen Militärübungen mit Minenräumungen, die dort derzeit durchgeführt werden, die Hauptursache sind“, erklärt Biologin Denise Wenger von Schweinswale e.V. Dazu passt, dass seit 23. August eine großangelegte internationale Minenräumübung nördlich der Watteninseln stattfindet. Als hervorragendes Trainingsumfeld bezeichnet das zuständige Verteidigungsministerium diesen „Übungsplatz“.
In diesem Kontext stellt sich allerdings die Frage, ob Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Lebewesen im Meer getroffen wurden. In der Vergangenheit gab es ähnlich gelagerte Fälle, sodass Tierschützer mittlerweile von rund 5000 toten Schweinswalen allein in niederländischen Gewässern ausgehen.
Einer von 26 toten Schweinswalen am Strand von Ameland.
Wenn die Meeressäuger nicht direkt durch die Minenräumungen getötet werden, gibt es nach Informationen von Schweinswale e.V. noch eine andere Gefahr: Durch die Sprengung können Schweinswale ihr Gehör und damit die Fähigkeit zur Echoortung verlieren. Die Folge: Die Tiere haben keine Möglichkeit mehr ihre Beute zu jagen und verhungern binnen weniger Tage.
Fotos: Mirjam und Andreas Reuland / U. Paff / Schweinswale e.V.
Weitere Artikel
Schwarzdelfine bevorzugt: Wichtige Erkenntnisse zum Jagdverhalten von Orcas im Humboldtstrom
Erstmals ist es Wissenschaftler:innen gelungen, eine bis dato weitgehend unbekannte Population von Orcas vor der chilenischen Küste zu erforschen – insbesondere hinsichtlich ihres Jagdverhaltens. Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass diese Orcas außergewöhnlich geschickte Säugetierjäger sind, die Delfine attackieren und ihre Beute anschließend untereinander aufteilen. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie zum Ökotyp Typ A gehören – ein potenziell wichtiges Puzzlestück für das Verständnis und die Erhaltung der Orca-Populationen in der südlichen Hemisphäre.
weiterlesenMeeresraumplanung in der Nordsee: Gibt es noch Platz für die Schweinswale?
Die Schweinswale in der Nordsee sind gefährdet – was nicht verwundert, denn der Nutzungsdruck auf unser heimisches Meer ist enorm. Ob als Nahrungsquelle, zur Energiegewinnung, zum Rohstoffabbau, als Verkehrsnetz, für Freizeit und Tourismus – die Liste ist lang und ließe sich leicht fortsetzen. Die entscheidende Frage ist: Können die vielfältigen und zum Teil miteinander konkurrierenden Interessen in Einklang gebracht werden, ohne dass der Naturschutz und damit auch die Schweinswale auf der Strecke bleiben? Da diese Frage elementar für die Zukunft des Schweinswals ist, haben wir Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, und Lothar Koch, Biologe und Naturschützer, um ihre Einschätzung in Form eines Interviews gebeten.
weiterlesenInterview mit Lothar Koch, Biologe und Naturschützer
Sebastian Unger ist der erste Meeresschutzbeauftragter der deutschen Bundesregierung. Mit seiner Ernennung im September 2022 will die Bundesregierung die wachsende Bedeutung des Meeresschutzes und die Führungsrolle, die Deutschland dabei einnehmen will, unterstreichen. Die GRD befragte den 48-jährigen Meeresbiologen zu den bedrohten Schweinswalen vor den deutschen Küsten und zur Rolle des Walschutzgebietes vor Sylt.
weiterlesen