Norwegen: Walfangquote wird erhöht
Fischereiministerin sieht Zwergwale als „Fressfeinde“
In Norwegen dürfen in diesem Jahr 1.157 Zwergwale gefangen werden, was eine Steigerung um 157 Tieren im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Diese Erhöhung der Walfang-Quote erfolgt, obwohl die Nachfrage nach Walfleisch in Norwegen kontinuierlich abnimmt. Gleichzeitig liefert die Fischereiministerin ein befremdliches Statement, das als Rechtfertigung der grausamen Waljagd dienen soll.
Walfang: Bedenkliche Argumentationskette einer norwegischen Ministerin
„Wale fressen große Mengen an Fisch, der auch für andere Arten, einschließlich des Menschen, als Nahrung dient. Der norwegische Walfang trägt zu einem Gleichgewicht in den marinen Ökosystemen bei.” Diese Aussage tätigte die norwegische Fischereiministerin Cecilie Myrseth bei der Vorstellung der diesjährigen Walfangquote für Norwegen in einer Pressemitteilung – sie bedient sich dabei an Halbwahrheiten und Scheinargumenten.
1. Dass Zwergwale – jene Art, die norwegische Walfänger bejagen dürfen – große Mengen an Fisch fressen, muss in Relation gesetzt werden. Die Bartenwale bevorzugen kleinere Krebstiere, vor allem Krill. Darüber hinaus jagen die Zwergwale auch kleinere Fische wie Makrelen, aber es ist nicht ihre Hauptnahrungsquelle.
2. In ihrem Statement verunglimpft Cecilie Myrseth die Zwergwale de facto als „Konkurrenten“ um schwindende Fischpopulationen. Damit bedient sich die Ministerin der gleichen falschen Argumentationskette wie beispielsweise die japanische Regierung. Diese will den Walfang ebenfalls dadurch legitimieren, dass sich die Nahrungskonkurrenz zwischen Wal und Mensch durch den gezielten Abschuss der Meeressäuger verringern lasse. Dabei ist es offensichtlich, dass die industrielle Überfischung für den Status quo verantwortlich ist und mitnichten das Fressverhalten der Wale.
3. Dass der norwegische Walfang zum Gleichgewicht in den marinen Ökosystemen beitrage, ist an Scheinheiligkeit kaum zu übertreffen. Denn: An vorderster Front steht der Mensch, der die Systeme durch seine rigorose Ausbeutung der Meere außer Kontrolle bringt bzw. gebracht hat. Das Gleichgewicht würde die Natur höchstselbst erwirken, wenn der Mensch sich mit seinen grenzenlosen Bedürfnissen aus dem Spiel bringen würde.
Es passt zudem ins Bild, dass Ministerin Myrseth wichtige Fakten außer Acht lässt, wie beispielsweise die Tatsache, dass Wale bei der Bekämpfung des Klimawandels eine wichtige Rolle spielen oder dass sie den Nahrungskreislauf für Fische verbessern bzw. deren Reproduktion ankurbeln. Wo Wale sind, ist auch der Erhalt der Fischbestände garantiert. Dies geht aus einer Studie der Universität Vermont hervor.
Walfang weiterhin nötig? Norweger lehnen Walfleisch zunehmend ab
Verkauf von Walfleisch in der norwegischen Stadt Bergen (2012)
Foto: WikiCommons
Walfang ist grausam und aus der Zeit gefallen. Eine Studie aus Island unterstreicht eindrücklich die entsetzlichen Qualen, die die Meeressäuger erleiden, wenn sie von Harpunen getroffen werden – nur um letztlich einem sinnlosen Tod entgegenzusehen. Denn die Nachfrage nach Walfleisch ist stark eingebrochen. Laut einer Umfrage aus 2021 essen nur noch zwei Prozent der Norweger:innen regelmäßig Walfleisch, und die jüngere Generation zeigt eine komplette Ablehnung gegenüber derartigen Produkten.
Helft mit!
Weitere Artikel
Geplanter Raketenabschuss in der Nordsee: Bedrohliche Auswirkungen auf die Meeresumwelt
Das Firmenkonsortium GOSA (German Offshore Spaceport Alliance) plant einen Weltraumbahnhof mitten in der Nordsee in direkter Nachbarschaft zum Meeresschutzgebiet Doggerbank. Erste Raketentests sollten bereits erfolgen, wurden nun aber auf das Jahr 2025 verschoben. Die GRD vermisst eine umfangreiche Bewertung der Gefahren für die Meeresumwelt.
weiterlesenGeisternetzbergungen: GRD-Workshops an neuem Standort und in höherer Frequenz
Das nötige Fachwissen für Bergungsaktionen von Fischerei-Altlasten vermittelt die Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) seit 2022 in einem zweitägigen Workshop. Künftig wird diese Tauchausbildung in Theorie und Praxis nicht mehr nur auf Rügen, sondern auch an einem zentraleren Standort in Deutschland angeboten. Darüber hinaus steigert die GRD aufgrund der hohen Nachfrage seitens der Taucher:innen die Frequenz der angebotenen Workshops.
weiterlesenVor Mallorca: Delfinmutter trauert um verstorbenes Jungtier
Zu Wochenanfang sind mehrere Videos in den sozialen Medien aufgetaucht, die ein offensichtlich totes Jungtier in der Bucht von Santa Ponça zeigen. In diesen Aufnahmen ist zu sehen, wie ein erwachsener Delfin das tote Jungtier immer wieder mit seiner Schnauze anstupst. Diese Geste wurde zunächst als Versuch einer Wiederbelebung gedeutet, ist aber vielmehr Bestandteil eines ausgeprägten Trauerverhaltens. Derartige Verhaltensweisen, die an menschliche Trauerreaktionen erinnern, wurden bei Delfinen schon mehrfach dokumentiert.
weiterlesen