Schädliche Schallattacken: Vergrämungsgeräte von Aquakulturen bedrohen Schweinswale und andere Meeressäuger

Studie zeigt negative Auswirkungen des Unterwasserlärms

Um die  Nachfrage nach Fisch, Muscheln und anderen „Meeresfrüchten“ zu befriedigen, werden diese weltweit in Aquakulturen gezüchtet. Zum Schutz vor „Plünderung“ durch Schweinswale oder Robben kommen akustische Vergrämungsgeräte zum Einsatz, die allerdings erheblichen Unterwasserlärm verursachen. Die Folgen sind weitreichend und äußerst negativ für die Meeressäuger, wie eine kürzlich vor Schottlands Küste durchgeführte Studie zeigt.

Unterwasserlärm bedroht die Existenz der Schweinwale

Acoustic Deterrent Devices (kurz ADDs) heißen die weltweit in der Aquakulturindustrie eingesetzten akustischen Vergrämungsgeräte, die Meeressäuger u.a. von Fischfarmen fernhalten sollen. So auch an der Westküste Schottlands, wo Aquakulturen einen bedeutenden Wirtschaftszweig darstellen. Um Plünderungen zu verhindern, werden große Bereiche des Küstenmeeres durch Vergrämungsgeräte beschallt. Die erzeugten Töne liegen im mittel- bis hochfrequenten Bereich und sind damit für alle Meeressäuger hörbar. Um die Auswirkungen auf Schweinswale zu untersuchen, wurde im Zeitraum von 2011 bis 2019 ein passiv-akustisches Monitoring durchgeführt, welches die Tiere mittels Klickdetektoren erfasst.

Studienergebnisse sind mehr als beunruhigend

Bei starkem Lärm der Stufe 5 (maximale Lautstärke) durch die Vergrämungsgeräte wurden deutlich weniger Schweinswale erfasst, was auf ein Fluchtverhalten der Tiere aus den betroffenen Gebieten hinweist. Die Autor:innen der Studie schätzen daher, dass – im Vergleich zu Gebieten ohne ADD-Lärm – mehr als ein Drittel der Population durch die starke Geräuschentwicklung verdrängt wurde. Zwar könnte die Erfassung von weniger Tieren im Untersuchungsgebiet auch darauf zurückzuführen sein, dass die Wale aufgrund des Unterwasserlärms ihre Echolokalisation weniger einsetzen. Allerdings hätte diese Verhaltensänderung zur Folge, dass die Tiere sowohl die Jagd als auch die Kommunikation einschränken. (Lesetipp: „Die bedrohten Schweinswale an Deutschlands Küsten”)

Fischfarmen setzten Vergrämergeräte gezielt ein, um Schweinswale, Robben & Co. von ihren Zuchtanlagen fernzuhalten.
Foto: Wiki Commons

Interessant ist die Beobachtung, dass die meisten Schweinswale bei geringeren Lärmbelastungen (Stufe 1 bis 4) standorttreu blieben. Die Tiere scheinen zu einer Abwägung gezwungen zu sein: Sollen sie die Vorteile des Verbleibs im ursprünglichen Lebensraum – trotz Lärmbeeinträchtigungen – mit seinen vorhandenen Ressourcen nutzen? Oder sollen sie in andere Gebiete mit weniger Unterwasserlärm umsiedeln, was energetische und damit gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann?

Forderung nach nicht-akustischen Schutzmaßnahmen

Ob Verringerung der Nahrungssuche oder Verdrängung aus wichtigen Lebensräumen: Die Studie zeigt deutlich die Gefahren auf, welche durch akustische Vergrämer für die Schweinswale entstehen. Dabei ist es wichtig festzuhalten, dass alle negativen Faktoren, die sich auf die Nahrungssuche der Meeressäuger auswirken können, zu minimieren bzw. zu vermeiden sind. Gerade Schweinswale mit ihrem hohen Energiebedarf sind auf eine regelmäßige Nahrungsaufnahme angewiesen und können auf Störungen empfindlich reagieren. Die Autor:innen der Studie kommen daher folgerichtig zu der Einschätzung, die Entwicklung nicht-akustischer Schutzmaßnahmen in Aquakulturfarmen voranzutreiben und den Einsatz der Vergrämungsgeräte streng zu lizensieren bzw. einzuschränken.  

Dieser Forderung schließt sich die GRD an und ergänzt: Von jeglichen alternativen Verfahren zum Schutz vor „Plünderung“ dürfen keine negativen Beeinträchtigungen für die Meeressäuger ausgehen. Schließlich genießen alle Delfin- und Walarten in schottischen Gewässern einen Schutzstatus, welcher Störungen, Fang, Verletzungen oder Tötung verbietet!

______

Foto oben: Schweinswale an einem mit ADDs (gelbe Objekte) versehenen Netz.
Credit:
Annika Toth https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-031-06836-2_3/figures/3

Quellen:
Finlay, Charlotte R. u.a. (2024): Harbour porpoises respond to chronic acoustic deterrent device noise from aquaculture, in: Biological Conservation 293, May 2024. https://doi.org/10.1016/j.biocon.2024.110569

Hastie, Gordon D. u.a. (2021): Acoustic risk balancing by marine mammals: anthropogenic noise can influence the foraging decisions by seals, in: Journal of Applied Ecology 58. https://doi.org/10.1111/1365-2664.13931

Finlay, Charlotte R. u.a. (2024): Harbour porpoises respond to chronic acoustic deterrent device noise from aquaculture, in: Biological Conservation 293, May 2024. https://doi.org/10.1016/j.biocon.2024.110569

 

l

Weitere Artikel

GRD übergibt 24.144 Unterschriften gegen Delfinschlachtungen

Aus Tradition töten Japaner und Färinger jedes Jahr zu Hunderten intelligente Delfine und verwandeln die Buchten regelmäßig in blutige Schlachthäuser. Gegen diese grausame Praxis protestierten am World Dolphin Day (Freitag, 12. September) auf Initiative der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) in Berlin zahlreiche Demonstrant:innen. Im Rahmen dieser Aktion übergab die GRD über 24.000 Unterschriften gegen das Töten an die Botschaften von Dänemark und Japan. Mit einer symbolischen Blutspur zwischen den Botschaften machten die Teilnehmenden zusätzlich auf die Schlachtungen aufmerksam.

weiterlesen

Isar-Clean-Up: 26,7 Kilogramm Müll pro Kilometer

Zum fünften Mal in Folge fand das Isar Clean-Up der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD), Voice of the seas und ColorSwell statt. Am 7. September sammelten ca. 30 Freiwillige zwischen Wittelsbacher- und Corneliusbrücke Plastik, Kronkorken, Zigarettenkippen und weiteren Abfall. Seit 2021 wurden so bereits über 200 Kilogramm Müll vom Ufer der Isar entfernt, darunter mehr als 90.000 Zigarettenfilter, die potenziell rund 5,5 Millionen Liter Wasser hätten verunreinigen können.

weiterlesen

Adria: Mehrere tote Delfine binnen weniger Tage

Innerhalb weniger Tage wurden in der kroatischen Adria drei tote Delfine gefunden – in der Nähe der Pelješac-Brücke, südlich von Split bei Šolta und Brač sowie bei den Kornaten-Inseln. Die Fundorte liegen über 200 Kilometer auseinander, doch die zeitliche Häufung lässt uns aufhorchen. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen.

weiterlesen

Spendenkonto

Gesellschaft zur Rettung der Delphine
SozialBank AG
IBAN:
DE09 3702 0500 0009 8348 00
BIC:
BFSWDE33XXX

Ihre Spenden, Patenschafts- und Förderbeiträge sind steuerlich absetzbar.

Ihre Hilfe kommt an

Die GRD ist als gemeinnützig und
besonders förderungswürdig anerkannt.

Zum Newsletter anmelden

Bitte tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse ein.

Vielen Dank für Ihr Abonnement!