Weitere Orcas aus “Wal-Gefängnis” in Russland wieder in Freiheit

von | 22. August 2019 | News - Delfinarien

Das Leid der 100 Orcas und Belugas in Russland hat ein Ende

Am 06. August wurden erneut drei Orcas, Tikhon, Zoya und Gayka, aus dem “Wal-Gefängnis” in der Bucht von Srednyaya in Russland in die Freiheit entlassen. Damit befinden sich acht von zehn Orcas jetzt wieder in ihrem natürlichen Lebensraum. Bis Ende des Jahres sollen alle Meeressäuger frei sein. Fotos von den mehr als 100 Belugas und Orcas führten zu einem internationalen Aufschrei. Denn die Tiere waren zum Verkauf an die chinesische Delfinarienindustrie vorgesehen. Infolgedessen hatte die russische Regierung nach den starken Protesten die Freilassung der Tiere veranlasst. Die GRD sieht Risiken und Gefahren für die Tiere bei den übereilten, schlecht vorbereiteten Freilassungen.

Chronologie der Freilassungen

Daraufhin hat Russland nach einer relativ kurzen Vorbereitungszeit mehrere Tiere aus dem russischen “Wal-Gefängnis” ins Ochhotskische Meer freigelassen: 

  • zwei Orcas und sechs Belugas am 27. Juni 2019
  • drei Orcas am 16. Juli 
  • weitere drei Orcas am 06. August 2019
  • die letzten beiden Orcas und weitere sechs Belugas voraussichtlich am 27. August

Orcas in Transportcontainern warten auf die Freiheit © Free Russian Whales 

Der lange strapaziöse Weg der Orcas in die Freiheit

Bereits am 01. August 2019 begann der lange Transportweg in die Freiheit für die Tikhon, Zoya und Gayka. Sie wurden mittels verschiedener Transportgeräte über mehrere Tage zu Land und Wasser vom “Wal-Gefängnis” in der Srednyaya Bucht bis zum Ochotskischen Meer gebracht.

Das russische Forschungsinstitut für Fischerei und Ozeanographie (VNIRO) überwacht die Freilassungen. Dessen Wissenschaftler und Trainer haben entschieden, die Orcas nicht in ein vorbereitetes Meeresgehege zu bringen, sondern sie direkt zu freizulassen.

“Es hätte die Gefahr bestanden die Kontrolle über die Tiere zu verlieren, wenn die Killerwale in die Tiefen des Geheges getaucht wären und dort, aus welchen Gründen auch immer, die Orientierung verloren oder sich verfangen hätten. Deshalb haben wir alle drei Tiere zusammen in den Transportkäfig des Katamarans verladen und sie alle gleichzeitig freigelassen nachdem wir ca. 700 Meter von der Küste entfernt waren”, erklärte Vyacheslav Bizikov, Vizedirektor für Wissenschaft von VNIRO.

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Satellitensender zeichnen die Bewegungen der Orcas in Freiheit auf

Vor der Freilassung haben Veterinäre Blut- und DNA-Proben entnommen. Zusätzlich hat man die Orcas mit Satellitensendern versehen. So kann man ihre Bewegungen beobachten sowie Daten über ihr Verhalten sammeln.

Nach aktuellem Stand sind Zoya, Tikhon, und Gayka wohlauf und schwimmen in Richtung Academy Bay im Westen des Ochkotskischen Meeres.

Die Orcas wurden mit Satellitensendern versehen, um ihre Bewegungen aufzuzeichnen © Free Russian Whales 

Bewegungsdaten von Zoya, Tikhon, und Gayka  vom 12. August 2019 © VNIRO

Bis Ende des Jahres sollen alle Belugas und Orcas in Freiheit sein

Das russische Fischereiministerium plant, alle Schwertwale bis September aus dem “Wal-Gefängnis” zu entlassen. Die verbliebenen 75 Belugas sollen bis zum Ende des Jahres ausgewildert sein. Ob dies vor dem Einbruch des Winters gelingt, bleibt abzuwarten.

Kritikpunkte an Organisation und Durchführung der Freilassung

Verschiedene Umwelt- und Tierschützer wie “Free Russian Whales”, “Russian Orcas”, “Greenpeace Russland” und “Whale Sanctuary Project” kritisieren jedoch die auf den ersten Blick gute Nachricht:

  • Es sind kaum unabhängige Informationen zu den Freilassungen verfügbar. Über die entlassenen Belugas gibt es wenig Auskünfte. Demzufolge mangelt es an Transparenz.
  • Internationale Experten wie Jean Michel Cousteau und neutrale Beobachter waren bisher bei Transport und Freilassung nicht beteiligt und eingebunden. Greenpeace Russland war der Zugang erst bei der letzten Aktion erlaubt, wobei keine Fotos und Videos angefertigt werden durften.
  • Es fehlt eine gut ausgearbeitete Planung unter Aufsicht von internationalen Experten. Das Vorgehen wirkt übereilt und sogar fahrlässig.
  • Die traumatisierten Meeressäuger wurden nach den Strapazen der Gefangenschaft und des Transports in sehr beengten Käfigen direkt freigelassen. Somit hatten sie weder Rehabilitationszeit, noch Training für das Leben in freier Wildbahn.
  • Firmen, die ursprünglich am Fang beteiligt waren sind nun mit der Freilassung betraut. Jedoch bestehen bei ihnen ökonomische Interessen die Freilassungen zu sabotieren.

Schicksal von Orcamädchen Alexandra

Tierschützer machten sich große Sorgen um Orcamädchen Alexandra. Denn Alexandra war zum Zeitpunkt ihrer Gefangenschaft erst circa ein Jahr alt. Danach verbrachte sie ein weiteres Jahr im russischen “Wal-Gefängnis”. Im Juli wurde sie zusammen mit zwei weiteren Orcas in die Freiheit entlassen. Jedoch trennten sich die Tiere schon nach einigen Stunden. Sie sind seither alleine unterwegs. Das ist für Orcas sehr ungewöhnlich. Sie leben normalerweise in engen Familienverbänden, lernen von den älteren Tieren und jagen gemeinsam. Alexandra bettelte kurz nach ihrer Freilassung Fischer um Futter an. Es war unklar, ob sie in der Lage ist sich eigenständig zu ernähren.

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VNIRO und “Whale Sanctuary Project” melden jedoch, dass Alexandra sich nach anfänglichen Schwierigkeiten gut entwickelt. Sie legte in den vergangenen Wochen große Strecken mit hohen Geschwindigkeiten zurück. Das spricht für eine gute körperliche Verfassung. Sie jagt nun offenbar eigenständig und steuert durchgehend Hauptfischfanggebiete an.

Geht 2020 alles wieder von vorne los?

Während die letzten Tiere darauf warten in die Freiheit entlassen zu werden, ist der Fang von Meeressäugern in Russland nach wie vor nicht per Gesetz verboten. “Free Russian Whales” berichtet, dass die Fangquoten für Meeressäuger für das Jahr 2020 ironischerweise von VNIRO vorgeschlagen wurden.

Sollten diese genehmigt werden, wäre es möglich 282 Belugas, 20 Weißstreifendelfine, 8 Große Tümmler, 1496 Walrosse und 1905 Robben zu fangen. Die meisten der Tiere wären laut “Free Russian Whales” für die indigene Bevölkerung vorgesehen. Jedoch würden mindestens 82 Belugas und alle Delfine an die Delfinarienindustrie verkauft werden.

Kommentar der GRD

Es war die einzige richtige Entscheidung die Orcas in die Freiheit zu entlassen. Sie einfach so irgendwie irgendwo ins Meer zu setzen, erscheint uns aber mehr als riskant. Gerade Jungtiere wie Alexandra sind nun vollkommen auf sich gestellt. Warum wurden nicht alle zehn Orcas gemeinsam auf das Leben in freier Wildbahn vorbereitet und dann freigelassen? Viele internationale Wissenschaftler hatten ihre Expertise angeboten. Zum Wohle der Orcas und damit diese einzigartige Aktion gelingt. Es bleibt zu hoffen, dass die hochintelligenten Tiere überleben und zu ihren Herkunftsfamilien zurückfinden. Die vorgeschlagenen Fangquoten für 2020 geben Anlass zu großer Sorge!

Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Wale und Delfine weltweit nicht mehr in Gefangenschaft leiden müssen. Dabei sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Trotz der Freilassungen dürfen wir die Augen vor dem Elend in Russland und China weiterhin nicht verschließen. Nur gemeinsam können wir genug Druck aufbauen, um dieses Ziel zu erreichen!

 

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