Kanada verbietet Wale und Delfine in Gefangenschaft

von | 13. Juni 2019 | News - Delfinarien

Wichtiger Sieg gegen die Delfinarienindustrie

In Kanada dürfen Wale und Delfine zukünftig nicht mehr in Gefangenschaft gehalten oder gezüchtet werden. Die GRD sieht das Gesetz, in den kanadischen Medien auch als „Free-Willy-Gesetz“ bezeichnet, als bedeutenden Sieg für die Meeressäuger. Das kanadische Parlament verabschiedete nach vierjährigen Beratungen das Gesetz S-203 “Ending the Captivity of Whales and Dolphins Act”. Damit verbietet Kanada die Haltung und Zucht von Walen und Delfinen in Gefangenschaft zu Unterhaltungszwecken. Gleichzeitig sind auch der Handel, der Besitz, der Fang und die Zucht der Meeressäuger künftig strafbar. Bei einem Verstoß drohen Strafen bis zu 200 000 kanadische Dollar (ca. 130 000 Euro).

Ein langer Kampf gegen die Gefangenschaft

Der Gesetzentwurf wurde bereits 2015 ins Parlament eingebracht. Am 10. Juni 2019 wurde er beschlossen. Initiator des Gesetzesentwurfs, Senator Wilfred Moore, erklärte: „Wir haben eine moralische Verpflichtung die Gefangenschaft von Tieren für Profite und Entertainment auslaufen zu lassen.“

Eine Koalition aus mehr als 20 Tierschutzorganisationen und Wissenschaftlern befürwortete den Gesetzesentwurf. Führende Meeresforscher belegten wissenschaftlich in ihrer Studie „A Case Against Marine Mammals in Captivity“, dass Wale und Delfine in Gefangenschaft psychisch und körperlich stark leiden.

Zudem argumentieren sie auf moralisch-ethischer Basis. Typische Symptome in Gefangenschaft sind: Isolation, chronische Erkrankungen, abnormales Verhalten, eine hohe Sterblichkeit bei Nachwuchs und extreme Langeweile.

Wendepunkt für den Schutz von Walen und Delfinen

Tierschützer und Delfinschutzorganisationen wie die GRD begrüßen das Verbot. Rebecca Aldworth, Geschäftsführerin der Tierschutzorganisation „Humane Society International“ Kanada bezeichnete die Verabschiedung als „Wendepunkt für den Schutz von Meerestieren“. Aldworth betont: „Wale und Delfine gehören nicht in Betonbecken und die dazugehörigen Leiden, die diese hoch sozialen und intelligenten Tiere in Gefangenschaft ertragen müssen, können nicht länger toleriert werden.“

Kanada verbietet Wale und Delfine in Gefangenschaft jedoch nicht rückwirkend

Das neue Haltungs- und Zuchtverbot gilt leider nicht rückwirkend. Damit darf der Freizeitpark Marineland in Ontario seine mehr als 50 Belugas, fünf Großen Tümmler und einen Orca behalten. Und das Aquarium in Vancouver besitzt einen einsamen Pazifischen Weißseitendelfin namens „Helen“. Jedoch dürfen beide Parks jetzt nicht mehr züchten oder neue Tiere importieren.

Es gibt zudem einige Ausnahmen z.B. bei verletzten Tieren oder für die wissenschaftliche Forschung.

Ähnliche Gesetze in anderen Ländern

Nach Angaben der Organisation „World Animal Protection“ hat mittlerweile rund ein Dutzend Länder ähnliche Gesetze verabschiedet, darunter: Brasilien, Bolivien, Chile, Costa Rica, Indien, Luxemburg, Norwegen, die Schweiz, England und nun auch Kanada.

Fakten aus "A Case Against Marine Mammals in Captivity":

  • Wilde Wale und Delfine können viele Kilometer pro Tag schwimmen und, je nach Art, mehrere Hundert Meter tief tauchen. Sogar in den größten Aquaparks haben sie weniger als 0.0001% (ein Millionstel) Bewegungsspielraum im Gegensatz zu ihrem natürlichen Lebensraum.
  • Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigte, dass ein in Gefangenschaft lebender männlicher Orca fast 70 % seiner Zeit nahezu bewegungslos verbrachte.
  • In Gefangenschaft lebende Meeressäuger leiden unter vielen Gesundheitsproblemen wie extremem Stress, neurotischen Verhaltensweisen und einem abnormal hohen Agressionslevel.
  • Große Tümmler sterben mit einer sechsmal erhöhten Wahrscheinlichkeit kurze Zeit nach dem Fang und Transport in die Anlagen.
  • Die jährlichen Sterberaten bei gefangenen Orcas haben sich über die Jahre verbessert, sind aber noch weit entfernt von gesunden, in Freiheit lebenden Populationen.
  • Die Anzahl von Delfinarien und Aquaparks in China ist besorgniserregend gestiegen: 2015 waren es noch 39, Anfang 2019 schon 76.

 

Helft mit!

 

l

Weitere Artikel

Schwarzdelfine bevorzugt: Wichtige Erkenntnisse zum Jagdverhalten von Orcas im Humboldtstrom

Erstmals ist es Wissenschaftler:innen gelungen, eine bis dato weitgehend unbekannte Population von Orcas vor der chilenischen Küste zu erforschen – insbesondere hinsichtlich ihres Jagdverhaltens. Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass diese Orcas außergewöhnlich geschickte Säugetierjäger sind, die Delfine attackieren und ihre Beute anschließend untereinander aufteilen. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie zum Ökotyp Typ A gehören – ein potenziell wichtiges Puzzlestück für das Verständnis und die Erhaltung der Orca-Populationen in der südlichen Hemisphäre.

weiterlesen

Meeresraumplanung in der Nordsee: Gibt es noch Platz für die Schweinswale?

Die Schweinswale in der Nordsee sind gefährdet – was nicht verwundert, denn der Nutzungsdruck auf unser heimisches Meer ist enorm. Ob als Nahrungsquelle, zur Energiegewinnung, zum Rohstoffabbau, als Verkehrsnetz, für Freizeit und Tourismus – die Liste ist lang und ließe sich leicht fortsetzen. Die entscheidende Frage ist: Können die vielfältigen und zum Teil miteinander konkurrierenden Interessen in Einklang gebracht werden, ohne dass der Naturschutz und damit auch die Schweinswale auf der Strecke bleiben? Da diese Frage elementar für die Zukunft des Schweinswals ist, haben wir Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bundesregierung, und Lothar Koch, Biologe und Naturschützer, um ihre Einschätzung in Form eines Interviews gebeten.

weiterlesen

Interview mit Lothar Koch, Biologe und Naturschützer

Sebastian Unger ist der erste Meeresschutzbeauftragter der deutschen Bundesregierung. Mit seiner Ernennung im September 2022 will die Bundesregierung die wachsende Bedeutung des Meeresschutzes und die Führungsrolle, die Deutschland dabei einnehmen will, unterstreichen. Die GRD befragte den 48-jährigen Meeresbiologen zu den bedrohten Schweinswalen vor den deutschen Küsten und zur Rolle des Walschutzgebietes vor Sylt.

weiterlesen

 

 

 

Spendenkonto

Gesellschaft zur Rettung der Delphine
SozialBank AG
IBAN:
DE09 3702 0500 0009 8348 00
BIC:
BFSWDE33XXX

 

 

 

Ihre Spenden, Patenschafts- und Förderbeiträge sind steuerlich absetzbar.

Ihre Hilfe kommt an

Die GRD ist als gemeinnützig und
besonders förderungswürdig anerkannt.

Zum Newsletter anmelden

Bitte tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse ein.

Vielen Dank für Ihr Abonnement!