Kurz vor ihrer Freilassung: „Lolita“ ist verstorben

Ein trauriges Orca-Leben im Betonbecken: Über 50 Jahre zu Showzwecken instrumentalisiert
Der älteste in Gefangenschaft gehaltene Orca ist am vergangenen Freitag gestorben – fünf Monate nach der Ankündigung des Miami Seaquarium, das Schwertwal-Weibchen wieder in ihre heimischen Gewässer zu entlassen. Jetzt werden Forderungen an SeaWorld laut, dem seit 1969 gefangenen gehaltenen Orca „Corky“ seine Freiheit zurückzugeben.
„Lolita“ stirbt an akutem Nierenversagen
Am 18. August um 16 Uhr Ortszeit hat das Herz von „Lolita“ nach nur 57 Jahren aufgehört zu schlagen. Zwei Tage zuvor stellten Pfleger:innen und Tierärzt:innen ein Magen-Darm-Problem fest, gegen das die auch unter dem Namen „Tokitae“ bekannte Orca-Dame unmittelbar behandelt wurde. Kurz darauf soll sie ein akutes Nierenversagen erlitten haben. Trotz aller Bemühungen, so heißt es in einem Statement des Miami Seaquarium, habe das Tierärzteteam „Lolita“ nicht retten können. Mit einem großen Kran wurde der mächtige Orca anschließend aus dem Becken des Delfinariums gehoben, um ihn zur Obduktion in das Gebäude der Universität von Georgia zu transportieren. (Lese-Tipp: Nach dem Tod des Orca-Kalbs „Ula“: Wie viele Orcas müssen im „Loro Parque“ noch sterben?)
Nach Bekanntwerden des Ablebens von „Lolita“ legten zahlreiche Menschen am Seaquarium Blumen nieder und hielten eine Mahnwache, um ihren Tod zu betrauern. Auf unserer Facebook– und Instagram-Seite nutzten viele Delfin- und Walfreund:innen die Kommentarfunktion, um ihren Gefühlen und Gedanken hinsichtlich der Gefangenschaftshaltung von Delfinen im Allgemeinen und speziell dem Tod von Lolita Ausdruck zu verleihen.
Der Weg in die Freiheit war geplant und finanziert
„Ältester in Gefangenschaft lebender Orca“ – dieser traurige Titel war fest mit dem Leben von „Lolita“ verbunden, da sie von den Betreiber:innen des Miami Seaquarium über 50 Jahre (!) als Hauptattraktion des Delfinariums instrumentalisiert wurde. Als das Weibchen im Alter von nur vier Jahren im Nordpazifik gefangen wurde, war Richard Nixon noch Präsident der USA. Zwei Jahre später musste „Lolita“ erstmals in einem der kleinsten Orca-Becken der Welt vor zahlendem Publikum auftreten und stupide Tricks vollführen – und dies in der Folge tagtäglich über fünf Dekaden. Erst im März vergangenen Jahres hat ein Entscheid des US-Landwirtschaftsministeriums dazu geführt, dass die Schwertwal-Dame nicht mehr an Shows teilnehmen durfte.
Kurze Zeit später wurden Pläne veröffentlicht, welche die Freilassung „Lolitas“ in ihrem Heimatgewässer beinhalteten. Im pazifischen Nordwesten hätte sie wieder auf ihre Mutter treffen sollen, die mit mehr als 90 Jahren bereits ein stolzes Alter erreichte und immer noch in ihrer Orca-Gruppe schwimmt. Erst vor wenigen Tagen hatte der amerikanische Milliardär Jim Irsay bestätigt, die Finanzierung des 20-Millionen-Dollar-Pro-jekts übernehmen zu wollen.
„Free Corky“
Durch den plötzlichen Tod von „Lolita“ sind diese Pläne leider hinfällig. Ebenso wie Tausende von Orca-Freund:innen auf der ganzen Welt ist das GRD-Team zutiefst traurig über den Tod von „Lolita“. Wir hätten ihr gewünscht, dass sie wenigstens ihre letzten Jahre in Freiheit hätte verbringen können.
Es mag angesichts der Trauer um „Lolita“ pietätlos wirken, doch bereits am kommenden Samstag wollen Aktivist:innen zu SeaWorld kommen, um die Freilassung von „Corky“ zu fordern. Der Orca ist jetzt der am längsten in Gefangenschaft gehaltene Orca der Welt und ebenso wie „Lolita“ noch in den 1960er Jahren seinem Familienverbund im Meer entrissen worden. „Corky“ ist ein Weibchen und brachte im Laufe der über 50 Jahre in Gefangenschaft sieben Babys zu Welt – doch keines erlebte den ersten Geburtstag.
Ob Großer Tümmler oder Orca: Die GRD fordert seit langer Zeit, dass Delfinarien ihre Zuchtprogramme einstellen, da die hohe Sterberate absolut unverantwortlich ist. (Lesetipp: Delfin-Baby ist Ergebnis von Inzucht im Delfinarium Duisburg)
Foto oben: Über Jahrzehnte wurde Lolita dazu eingesetzt, das Publikum im “Miami Seaquarium” zu bespaßen. (Credit: Marc Averette, Creative Commons)

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