Gesprächiger Delfin: „Delle“ überrascht durch sein Kommunikationsverhalten

Studie analysiert Kommunikationsverhalten des Ostsee-Delfins Delle
Spricht „Delle“ mit sich selbst? Diese Frage beschäftigt derzeit viele Delfin- und Walforscher:innen aber auch viele Fans des Großen Tümmlers. Der Einzelgänger sorgt an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste seit einiger Zeit für Aufsehen – und wirft Fragen auf.
Freundlicher und kommunikativer „Lonely Ranger“
„Delle“ ist ein Großer Tümmler und wurde bereits 2018 erstmals in der Lübecker Bucht gesichtet. Vor allem aber seit dem vergangenen Jahr sorgt der Meeressäuger mit seinem Auftauchen, seinen akrobatischen Sprüngen und seinem Interesse für Boote vor allem in Travemünde für Begeisterung bei Einheimischen und Touristen. Beeindruckend ist ebenfalls seine Interaktion mit Menschen: In Dänemark soll er „Freundschaft“ mit einem Wassersportler geschlossen haben.
Obwohl „Delle“ ein Solitär-Delfin ist und es bevorzugt, alleine zu leben, zeigt er ein bemerkenswert ausgeprägtes Kommunikationsverhalten. So konnten Forscher:innen der Universität Süddänemark beobachten, dass „Delle“ trotz fehlender Artgenossen eine Vielzahl von Lauten von sich gibt, was gemeinhin auf ein starkes Bedürfnis nach sozialer Interaktion hindeutet.
In einer aktuellen Studie, die von der Walforscherin Olga Filatova geleitet wurde, untersuchten die Wissenschaftler:innen mithilfe von Unterwassermikrofonen die Geräusche von „Delle“ en detail. Zu ihrer Überraschung wurden über 10.000 Laute innerhalb von 69 Tagen dokumentiert. Die Geräusche umfassten typische Kommunikationslaute wie Pfiffe sowie tieffrequente Töne, die normalerweise von sozialen Gruppen verwendet werden. „Delle“ war allerdings stets völlig allein. Weshalb also kommuniziert der Solitärdelfin derart intensiv?
Selbstgespräche, Emotionen oder Rufe nach Artgenossen?
Anfangs überlegten die Wissenschaftler:innen, ob der Solitärdelfin vielleicht versuchte, mit einem lokalen Paddler zu kommunizieren – doch die Geräusche wurden auch nachts aufgezeichnet. Er könnte mit sich selbst „gesprochen“ haben, oder es könnten unwillkürliche Laute gewesen sein, die durch eine bestimmte Emotion ausgelöst wurden, „ähnlich wie wir manchmal lachen, wenn wir etwas Lustiges lesen, selbst wenn niemand in der Nähe ist, der es hören könnte“, erläutert Olga Filatova gegenüber Live Science.
Als besonderes Merkmal wurden in der Studie drei individuelle Signaturpfiffe herausgestellt, die normalerweise als „Namen“ der Delfine fungieren und auf soziale Interaktionen hinweisen. So wurde auch weiterhin vermutet, dass „Delle“ nach anderen Delfinen rufen könnte, obwohl dies unwahrscheinlich erscheint, da er seit mehreren Jahren in dem Gebiet lebt und bis dato keine Artgenossen angetroffen hat. Schlussendlich bleibt die Motivation hinter dem Kommunikationsverhalten unklar. (Lesetipp: Können Delfine mit Menschen sprechen?)
Respektvolle Begegnungen
„Delle“ ist nicht nur ein Symbol für die Artenvielfalt der Ostsee, sondern auch für die Möglichkeiten, die wir Menschen haben, diese Vielfalt zu schützen. Die Präsenz des Großen Tümmlers hat den Blick für den Schutz der Meere geschärft. Weil Begegnungen mit einem frei lebenden Delfin eine Seltenheit sind und dadurch verdeutlicht wird, wie wichtig ein respektvoller Umgang mit den Wildtieren und ihren Lebensräumen ist.
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