Gefährdete Schweinswale vs. Turbo-Terminals

Nicht nur beim Bau von LNG-Terminals: GRD fordert von der Bundesregierung mehr Weitsicht
In Wilhelmshaven haben die Arbeiten für das deutschlandweit erste schwimmende Terminal für Flüssiggas begonnen. Dieses Bauvorhaben wird für die hier lebenden Schweinswale massive Nachteile haben. Kann die Unabhängigkeit von russischem Gas mit dem Schutz des Schweinswals einhergehen?
So werden Schweinswale durch Terminals bedroht
Insgesamt 150 Stahlpfähle mit einer Länge von jeweils 50 Metern werden in den kommenden Wochen und Monaten mit erheblichem Unterwasserlärm in den Boden des Voslapper Groden gerammt, damit hier in rund zehn Monaten ein LNG-Terminal mit einem 370 Meter langem Ausleger fertiggestellt ist. Dieses Terminal soll die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Gas gewährleisten – auch deshalb wurde die Umweltschutzprüfung für das Projekt radikal verkürzt.
Aufgrund dieser Maßnahme könnte Deutschlands einziger Wal auf der Strecke bleiben: Der Schweinswal. Denn durch die immense Lautstärke infolge der Bautätigkeiten ist zu befürchten, dass die Meeressäuger sterben. Ihr Echolot wird durch die Rammarbeiten massiv beeinträchtigt und sie verlieren ihre Orientierung oder ihre Fähigkeit, Beute zu jagen. Was ihren Tod zur Folge hat.
LNG-Terminal: „Durchpeitschen“ des beschleunigten Verfahrens – zum Nachteil der Schweinswale
Um die Kontroverse aus Umweltschutzbedenken und Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Gas ist in der vergangenen Woche eine intensive Diskussion entbrannt. Die Deutsche Umwelthilfe befürchtet für den Terminalbau massive Schäden für den sensiblen Lebensraum Nordsee – insbesondere für den bedrohten Schweinswal, aber auch für geschützte Unterwasserbiotope – und bemängelt, dass der Bau des Terminals ohne die eigentlich verpflichtenden Umweltprüfungen und die Beteiligung der Zivilgesellschaft „durchgepeitscht“ wird. Die Organisation hat Widerspruch bei der zuständigen Behörde eingereicht und erwartet, dass dem Antrag auf einen Stopp der Arbeiten nachgekommen wird. Auf der anderen Seite warnt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor einer solchen Klage und betont, dass eine Versorgungssicherheit in Deutschland bei Ausbleiben der Gas-Lieferungen aus Russland und ohne bundesdeutsche LNG-Terminals nicht gewährleistet werden kann.
In die Diskussion eingebracht hat sich auch die Deutsche Wildtier Stiftung – jene Organisation, die den Gewöhnlichen Schweinswal 2022 zum „Tier des Jahres“ ausgerufen hat, um auf die wachsenden Bedrohungen für die Art aufmerksam machen. Die Stiftung akzeptiert das beschleunigte Verfahren der Regierung, fordert aber beim Bau verstärkte Schutzmaßnahmen in Form von Blasenschleiern. Diese bilden einen aufsteigenden Vorhang aus Luftbläschen und dämpfen dadurch den Schall ab. Eine solche Maßnahme könnte das Leben eines Schweinswals, der sich in direkter Umgebung befindet, retten und sollte als Mindeststandards verbrieft werden. (Lesetipp: Der Schweinswal ist “Tier des Jahres 2022“)

Rendering eines Gas-Tankers am LNG-Terminal Wilhelmshaven (Foto: Uniper)
Politische Weitsicht? Fehlanzeige!
Für die GRD ist die Einhaltung von Umweltstandards auch in Krisenzeiten unabdingbar. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist dementsprechend das Gebot der Stunde. Darüber hinaus muss die Bundesregierung die Energiepolitik der vergangenen Jahrzehnte deutlich hinterfragen: Statt sich in eine massive Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu begeben, hätten viel früher Alternativen ausgelotet und beschlossen werden müssen.
Weitere Artikel
Schweinswale in Nord- und Ostsee: Sterblichkeit auf hohem Niveau
Der Bestand einer Population gilt als bedroht, wenn die Anzahl unnatürlicher Todesursachen über einem bestimmten Schwellenwert liegt. Dies trifft laut Prof. Ursula Siebert vom Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) für die Schweinswale in Nord- und Ostsee klar zu.
weiterlesenAußergewöhnlicher Besuch in Richards Bay
Eine ganz besondere Sichtung erlebten unsere Kooperationspartner:innen von Humpback Dolphin Research (HDR) jüngst in Richards Bay. Nicht nur Buckeldelfine, Große Tümmler und Buckelwale konnten von der Beobachtungsplattform in Augenschein genommen werden, auch Südliche Glattwale statteten der Küste in KwaZulu-Natal einen Besuch ab. Projektleiterin und Biologin Shanan Atkins berichtet zudem über Fortschritte bei der Lösung der Hainetz-Problematik, bei der Delfinen als Beifang getötet werden.
weiterlesenBereits zum 66. Mal: Coastal-Clean-Up in Mosambik
66 Clean-Ups in 14 Jahren: Diese stolze Bilanz können unsere Projektpartner:innen von Dolphin Encountours Research Center und Dolphin Care Africa vorweisen, die erst vor wenigen Tagen in Zusammenarbeit mit dem Maputo National Park, der Peace Parks Foundation, Lwandi Surf und Ocean Conservancy ein weiteres Mal zum Müllsammeln aufgerufen haben. Vor allem Plastikmüll wurde gefunden – für die vor der Küste schwimmenden Meereswohner ist dieser Unrat mitunder lebensgefährlich.
weiterlesen