Pottwale in der Adria: Seltener Besuch mit tragischem Ausgang

Nur sehr selten in der nördlichen Adria
Eine außergewöhnliche Begegnung hatten deutsche Segelurlauber bei der norddalmatinischen Insel Molat: Am Abend des 8. September sichteten sie vier Pottwale vor der Westküste der Insel, auf der auch unsere im vergangenen Jahr eröffnete Feldforschungsstation steht. Die bis zu 3000 m und tiefer tauchenden Zahnwale sind im Mittelmeer zwar häufiger anzutreffen, verirren sich aber nur sehr selten in die nördliche Adria, da dieser Arm des Mittelmeers für sie zu flach ist.
Reise durch die kroatische Inselwelt
Es stellte sich heraus, dass bereits am Tag zuvor eine Gruppe Pottwale nahe der vom kroatischen Festland am weitesten entfernten Insel Vis gesichtet wurde sowie am 9. September von der Wasserschutzpolizei fünf Pottwale bei der vor Šibenik gelegenen Insel Zmajan. Wahrscheinlich waren es immer Mitglieder derselben Gruppe.

Strandung in Italien
Am 12. September erreichte uns dann aus Italien die traurige Nachricht, dass nördlich der italienischen Hafenstadt Vasto bei Punta Penna sieben Pottwale gestrandet seien. Die Stelle liegt praktisch „schräg gegenüber“ von der Insel Vis. Helfer eines Strandungsnetzwerks konnten vier der Meeressäuger wieder zurück ins Meer bringen, drei sind leider gestorben.
Mit großer Sicherheit handelte es sich um dieselbe Gruppe Pottwale, die sich ein paar Tage zuvor auf der kroatischen Seite der Adria aufhielt. Die toten Tiere werden von Experten der Universität Padua untersucht, um herauszufinden, ob natürliche Ursachen den Tod brachten oder menschliche Einflüsse, wie militärische Sonarübungen oder seismische Explorationen zur Öl- und Gassuche.
"Junggesellenschule"
Nach Informationen der italienischen Zeitung „La Stampa“ hatten die Wale eine Länge zwischen 10 m und 15 m und ein Gewicht von etwa einer Tonne. Es soll sich wahrscheinlich um adoleszente Tiere im Alter von 15 bis 20 Jahren gehandelt haben. Möglicherweise war es eine “Junggesellenschule”, in der sich junge, noch nicht geschlechtsreife Männchen zusammentun und gemeinsam umherziehen.
Massenstrandungen von Pottwalen
Massenstrandungen von Pottwalen sind in der Adria eher selten. Nach einer Studie des italienischen Forschers Giovanni Bearzi vom Tethys Research Institute soll es seit 1584 sechs Mal vorgekommen sein. Zuletzt strandete 2009 eine Gruppe von sieben jungen, männlichen Pottwalen an der süditalienischen Adriaküste, die alle starben. Daneben gab es auch immer wieder rare Strandungen oder Sichtungen von einzelnen Pottwalen. So wurde 1995 beispielsweise ein Exemplar bei Triest beobachtet.
Genetische Unterschiede
Die im Mittelmeer lebenden Pottwale unterscheiden sich genetisch von ihren Cousins im Atlantik und gelten als Unterpopulation. Mit weniger als 2500 Individuen ist ihr Bestand gemäß der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN stark gefährdet. Größere Vorkommen im östlichen Mittelmeer soll es vor allem im Ionischen Meer geben.
Fotos: C. Buder

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