Tod des Eckernförder Delfins: Overtourism mitverantwortlich

von | 24. März 2021 | News - Delfine

Kaum Ruhe für Delfin in Eckernförde.

Obduktionsergebnis zeigt: Das Tier war schwer krank!

Das am 27. Januar tot aufgefundene Delfinweibchen aus Eckernförde starb eines natürlichen Todes. Der menschenfreundliche Einzelgängerdelfin litt an einer schweren Lungenentzündung in Verbindung mit mehreren tiefen Magengeschwüren und Parasitenbefall. Das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) hatte die Obduktionsergebnisse am 22. März veröffentlicht. Fremdverschulden schließen die Wissenschaftler aus.

Die Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) sieht im plötzlichen Tod dieses einzigartigen „Lone Ranger“-Delfins jedoch auch das Ergebnis einer fatalen, durch Overtourism geförderten Abwärtsspirale, deren zahlreiche Stressoren letztendlich zum Tod des Tieres führten.

Stationen eines (kranken) menschenfreundlichen Einzelgängerdelfins

Das etwa sechs Jahre alte, noch nicht geschlechtsreife Weibchen tauchte um Ostern 2020 in der Eckernförder Bucht auf. Es zeigte schon früh einen starken Hang, sich in der Nähe einer etwa 100 bis 150 Meter vor dem Hemmelmarker Strand schwimmenden Markierungsboje aufzuhalten.

Mit der Zeit begann der Delfin, Menschen als Sozialkontakte zu akzeptieren und sogar zu suchen. Dabei verhielt er sich ausgesprochen menschenfreundlich. Er schwamm auf Menschen zu, ließ sich ausgiebig streicheln, suchte direkten Körperkontakt.

Der "Lone Ranger" Delfin von Eckernförde ist tot.

Die Anwesenheit des häufig springenden Meeressäugers lockte unzählige Menschen an: Badegäste, Stand-Up-Paddler, Taucher, Kajak-, Schlauchboot- und Motorbootfahrer. Es entwickelte sich ein massiver Overtourism, durch den das Tier im Sommer kaum Ruhe fand.

Jedoch litt der Delfin von Anfang an unter großflächigen Hautkrankheiten. Das Obduktionsergebnis geht von einer Pockeninfektion aus. Ursachen hierfür sind meist belastete kommunale und landwirtschaftliche Abwässer sowie Stress. Faktoren, die das Immunsystem der Meeressäuger schwächen.

Overtourism mitverantwortlich für den Tod des Eckernförder Delfins

Warnungen, Kontakte zu beschränken wurden ignoriert – Behörden blieben untätig

GRD und WDC (Whale and Dolphin Conservation) hatten wiederholt davor gewarnt, den „Lone Ranger“-Delfin anzufassen und wiesen auch auf die mögliche Übertragung von Infektionskrankheiten auf den Menschen hin.

Im Oktober 2020 forderten die Organisationen vom Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, Jan Philipp Albrecht, endlich adäquate Schutzmaßnahmen für den schwer kranken Meeressäuger zu veranlassen. Seitens des Ministeriums wurde dann recht schwammig auf sehr begrenzte Möglichkeiten der Einflussnahme verwiesen.

Overtourism: Zu Tode geliebt?

„Zwar wird für immer ungeklärt bleiben, inwieweit der Overtourism im Sommer die Schwächung des Immunsystems des Delfins zusätzlich gefördert hat. Doch es ist in keinem Fall für eine mögliche Genesung förderlich, wenn ein offensichtlich schwer krankes Lebewesen derart intensiv und rücksichtslos von Menschen ge- und übernutzt wird, bzw. werden darf, damit diese ihre Sensationsgier stillen können. Der Massenandrang war für den Delfin sicher mit viel und langanhaltendem Stress verbunden, der sein bereits geschwächtes Immunsystem zusätzlich belastete“, erklärt der Biologe Ulrich Karlowski von der GRD.

„Es ist tragisch, dass man das nicht besser hinbekommen hat und diese besondere Tierpersönlichkeit das Zusammenleben mit uns Menschen nicht lange überlebte. Ein Schicksal, dass leider die meisten menschenfreundlichen Einzelgängerdelfine ereilt“, bedauert Karlowski.

Besser gerüstet für die Zukunft

In Zukunft sollte vorbeugend gehandelt werden, um besser auf „Lone Ranger“-Delfine in der Ostsee vorbereitet zu sein.

„Es ist wichtig, dass wir aus diesem Fall lernen“, so die Umweltschützer*innen von GRD und WDC. „Da es in den letzten Jahren immer wieder menschenfreundliche Einzelgängerdelfine in der Ostsee gab, sollte nunmehr vorbeugend gehandelt werden, indem man klare Regeln für den Umgang mit solchen Delfinen, die ja im Grunde als ein Geschenk der Natur zu betrachten sind, aufstellt.“

l

Weitere Pressemitteilungen

Isar-Clean-Up: 26,7 Kilogramm Müll pro Kilometer

Zum fünften Mal in Folge fand das Isar Clean-Up der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD), Voice of the seas und ColorSwell statt. Am 7. September sammelten ca. 30 Freiwillige zwischen Wittelsbacher- und Corneliusbrücke Plastik, Kronkorken, Zigarettenkippen und weiteren Abfall. Seit 2021 wurden so bereits über 200 Kilogramm Müll vom Ufer der Isar entfernt, darunter mehr als 90.000 Zigarettenfilter, die potenziell rund 5,5 Millionen Liter Wasser hätten verunreinigen können.

weiterlesen

Delfine auf dem Teller? No way!

Am Freitag, den 12. September, organisiert die GRD eine Protestveranstaltung in Berlin gegen die nach wie vor in Japan und auf den Färöer-Inseln stattfindenden grausamen Schlachtungen von Delfinen und Walen. Mit einer menschlichen Protestkette zwischen den Botschaften beider Länder wollen wir ein unmissverständliches Signal senden: Zwei Nationen, ein gemeinsames Verbrechen – das brutale Abschlachten intelligenter Meeressäuger muss enden!

weiterlesen

Wir brauchen einen Ozean-Überlastungstag

Alljährlich markiert der Earth Overshoot Day jenen Tag, an dem die Menschheit alle Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde in einem Jahr regenerieren kann. 2025 fällt dieser Tag auf den 24. Juli. Doch während Wälder, Böden oder Wasserressourcen zunehmend in den Fokus rücken, wird ein zentraler Bereich oft übersehen: die Ozeane. Auch sie haben Grenzen – und die sind längst überschritten. Unserer Meinung nach braucht der Erdüberlastungstag ein marines Pendant: den Ocean Overshoot Day.

weiterlesen

Spendenkonto

Gesellschaft zur Rettung der Delphine
SozialBank AG
IBAN:
DE09 3702 0500 0009 8348 00
BIC:
BFSWDE33XXX

Ihre Spenden, Patenschafts- und Förderbeiträge sind steuerlich absetzbar.

Ihre Hilfe kommt an

Die GRD ist als gemeinnützig und
besonders förderungswürdig anerkannt.

Zum Newsletter anmelden

Bitte tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse ein.

Vielen Dank für Ihr Abonnement!