Geisternetze töten sinnlos weiter

Geisternetze werden zu einer immer größeren Gefahr für Meerestiere und das marine Ökosystem
Reste zerstörter Netze, von Fischern nicht wiedergefundene oder weggeworfene Netze, auch Geisternetze genannt, fangen fast endlos weiter, da sie meist aus extrem langsam verrottenden Kunststoffen bestehen. Fische, Krabben, Meeresschildkröten, Seevögel, Delfine, Haie und sogar Wale verheddern sich ihnen, sterben langsam und qualvoll.
Irgendwann sinkt das Netz durch das Gewicht der in den Maschen hängenden Leichen auf den Meeresboden, über den es sich wie ein Leichentuch legt. Dort werden die Tierkörper zersetzt und dann steigt das Netz durch seine Auftriebskörper wieder an die Meeresoberfläche, wo es sein tödliches Werk fortsetzt. Dieser Todes-Kreislauf kann sich über bis zu 500 Jahre hinziehen, so lange kann es dauern, bis sich Plastik in der Meeresumwelt zersetzt. Viele der verloren gegangenen oder weggeworfenen Netze bleiben auch an Wracks oder Riffen hängen und führen ihr zerstörerisches Werk im Verborgenen fort.
Etwa 10 Prozent des jährlichen Abfalls auf See sind Geisternetze
Nach Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) machen Geisternetze mit 640.000 Tonnen etwa zehn Prozent des Abfalls aus, der jedes Jahr in den Weltmeeren landet. Allein in die Ostsee sollen jedes Jahr bis zu 10.000 Geisternetze gelangen.
Tausende Kilometer dieser herrenlosen Todesnetze treiben mittlerweile auf den Weltmeeren, wo sie auch eine Gefahr für die Schifffahrt darstellen. Laut Umweltbundesamt ist für 136 Arten von Meereslebewesen bekannt, dass sie sich regelmäßig in Müllteilen verheddern und strangulieren, darunter mindestens 43 Prozent aller Wal- und Delfinarten.

Adria-Tümmler mit an einem Flipper eingewachsenen Resten eines Fischernetzes. Foto: T.Gomercic
Geisternetze an Unterwasserhindernissen
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat allein vor der deutschen Ostseeküste Geisternetze an rund 100 Unterwasserhindernissen festgestellt. Experten des Deutschen Meeresmuseums gehen allerdings von einer deutlich höheren Zahl aus. Die Schifffahrtsbehörde dokumentiert nur Netze, die eine Gefahr für die Schifffahrt darstellen können.
Dringender Handlungsbedarf
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und die UNEP warnten bereits 2009 vor der von Geisternetzen ausgehenden Gefahr für das Meeresökosystem und sahen dringenden Handlungsbedarf, sich des Problems auf internationaler Ebene anzunehmen.
Geschehen ist seitdem wenig. Im September 2014 bargen Taucher vor Rügen eine ganze Tonne an Netzresten die sich an nur zwei Wracks verheddert hatten. An der polnischen Küste konnten Taucher an nur 20 Tagen auf See rund sechs Tonnen Netze von Wracks und vom Meeresgrund bergen.
Rückholbarkeit der Netze ist entscheidend
Meeresschützer fordern, dass Fischernetze mit akustischen Signalgebern ausgestattet werden, damit sie bei Verlust geortet und eingesammelt werden können, denn finanzielle Anreize zeigen keine Wirkung. Bereits in den 1980er-Jahren hatte man in Frankreich versucht, mittels einer Belohnung für bei der Küstenwache abgelieferte Geisternetze das Problem in den Griff zu bekommen. Das Projekt musste allerdings eingestellt werden, da Fischernetze bewusst so zugerichtet wurden, als seien sie aus dem Meer gezogen worden, um die Belohnung zu kassieren. Eine andere Lösung wären Netze aus biologisch abbaubaren Materialien.
Foto oben: Richard Salas/Marine Photobank.
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