Technik und KI: Chancen zum Schutz der Delfine und Wale

von | 31. Mai 2023 | News - Delfine

KI kann Meeressäugern sinnvoll helfen – löst aber nicht die ursächlichen Probleme

Der Begriff der „Künstlichen Intelligenz“ (kurz: KI) ist spätestens seit „ChatGPT“ in aller Munde. Doch inwieweit kann man das Potenzial dieser mächtigen Technologie auch für den Schutz der Meeressäuger und damit ihres Lebensraumes Meer einsetzen?

Aktuelle Rahmenbedingungen

Das Verfahren, die Denk- und Lernmodelle des Menschen auf den Computer zu übertragen, wird mittlerweile in vielen Bereichen des Lebens genutzt. Navigation, Gesichtserkennung, Smart Home, Medizintechnik – die Liste mit KI Systemen in unserem Alltag ließe sich leicht fortsetzen.

KI beinhaltet auch Chancen für die vielfältigen Herausforderungen im Bereich Umweltschutz. Um einige wenige zu nennen: So kann mit ihren Algorithmen beispielsweise bestimmt werden, welche Baumsorten gepflanzt werden sollten, um Wälder besser auf den Klimawandel vorzubereiten. Die Abfallsortierung kann optimiert und damit die Recyclingquote erhöht werden. Verkehrsflüsse, insbesondere der Güterverkehr, können intelligenter gesteuert und so effizienter werden, was den negativen Einfluss auf das Klima reduzieren kann. (1)

Die Ozeane und seine Bewohner sind in Gefahr: Ein Strand von Honduras ist überfüllt mit Plastikmüll. 
Foto: The Ocean Cleanup

Das Meer bedeckt 71 % der Oberfläche unseres Planeten, und es geht ihm und vielen seiner Bewohner nicht gut. Hauptgegner der Artenvielfalt in diesem einzigartigen Lebensraum sind dabei Ausbeutung und Verschmutzung durch den Menschen. Ca. 1/3 der weltweiten Fischbestände sind überfischt. Über die Flüsse gelangen zu viel Müll und Umweltgifte ins Meer, die dem sensiblen Ökosystem schaden und ganze Todeszonen entstehen lassen. Erwärmung, Versauerung, invasive Arten – die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Die Bedrohung der Artenvielfalt macht weltweit auch vor den Walen und Delfinen nicht halt. Mindestens ein Viertel aller Delfinarten sind weltweit vom Aussterben bedroht. Tendenz steigend! Bei den Walen sieht es nicht besser aus. Aufgrund des enormen Potenzials von KI geht dieser Artikel der Frage nach, inwieweit sich KI und Technik im allgemeinen Sinne auch zum Schutz freilebender Wale und Delfine sowie dem Erhalt ihres Lebensraumes Meer einsetzen lassen. Dazu werden Fallbeispiele und Forschungsansätze zu folgenden Themen exemplarisch vorgestellt und diskutiert:

  1. Künstliche Intelligenz und die Meeresverschmutzung
  2. Mit Satelliten und Künstlicher Intelligenz Wale schützen
  3. Mit Künstlicher Intelligenz Unterwasserlärm reduzieren und Schiffskollisionen verhindern

 

I. Künstliche Intelligenz und die Meeresverschmutzung

Leider gleichen die Ozeane mittlerweile Mülldeponien. Ob Munitionsreste, Chemikalien, radioaktive Abfälle oder Abwässer, die Müllbelastung ist gigantisch. Nach Schätzungen befinden sich mittlerweile über 100 Millionen Tonnen Abfall im Meer – Tendenz steigend! (2) Dazu kommen riesige Herausforderungen durch die Plastikabfälle der Menschheit. Zur Verdeutlichung der globalen Ausmaße des Plastikmüllproblems nur drei Fakten: 

  • Pro Minute wird global gesehen schätzungsweise eine LKW-Ladung Müll ins Meer gekippt
  • Im Jahr 2050 wird es vermutlich keinen Meeresvogel mehr geben, der keine Plastikteilchen im Magen hat (3)
  • Der größte Plastikstrudel im Pazifik hat Ausmaße, die mit der Fläche Kerneuropas vergleichbar ist

Für Delfine und Wale bestehen gleich mehrere Gefahren. Oft werden Plastiktüten und ähnliche Gegenstände mit Beutetieren verwechselt, was die Verstopfung der Mägen und nicht selten den Hungertod zur Folge hat. Geisternetze töten neben Delfinen und Walen auch eine Vielzahl anderer Meeresbewohner. Hinzu kommen mögliche Vergiftungen durch Mikroplastik.

Delfin mit Plastikeinschnürung
Foto: Angela Ziltener, DWA

Da der Großteil des Mülls im Meer vom Land kommt, gibt es zwei Ansätze diesen zu reduzieren. Zum einen braucht es ein „Echtzeit-Monitoring“ darüber, wo welche Art von Abfall im Meer und den zuführenden Flüssen vorhanden ist. Zum anderen bedarf es wirksamer Verfahren, um die schon vorhandene Meeresverschmutzung zu reduzieren. Dies wird durch die Tatsache erschwert, dass der Großteil des Mülls nicht mehr an der Oberfläche schwimmt, sondern sich in der Tiefsee abgelagert hat.

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Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) forscht derzeit an zwei Verfahren, mit denen sowohl der Plastikmüll in der Tiefsee als auch die Müllberge an der Wasseroberfläche reduziert werden sollen. (4) Dazu stoßen autonome Tauchroboter bis in die Tiefsee vor. Durch die Kombination von modernen Bildgebungsverfahren, KI-Algorithmen und Unterwassernavigation kann über große Flächen Plastikmüll am Meeresgrund erkannt und bestimmt werden, was die Basis für die Planung von Beseitigungsmaßnahmen darstellt. Wie die Technik helfen kann, Müll an der Wasseroberfläche zu beseitigen, zeigt ein im Jahr 2019 gestartetes Projekt in Kambodscha. Weltweit kommt über 10 Flüsse der größte Anteil an Plastikmüll in die Meere.

In Kambodscha werden Bildaufnahmen von den vermüllten Flüssen und Meeresregionen gemacht und an die Forschungsteams des DFKI gesendet. Diese Bilddaten wertet man dann mittels KI-Software hinsichtlich der Menge und der Art des Mülls aus. Die aufbereiteten Daten können wiederum den entsprechenden Behörden vor Ort Informationen liefern, um die Müllmengen zu reduzieren. So werden beispielsweise Müllsammelboote am Mekong, der zu den schmutzigsten Flüssen auf der Welt zählt, eingesetzt, die erst durch die Informationen der KI (wo ist welcher Müll) effektiv arbeiten können.

Befasst man sich mit der Forschungslage zu den Möglichkeiten der Bekämpfung der Meeresverschmutzung mit KI wird deutlich, dass es eine Vielfalt weiterer interessanter Ansätze und Verfahren gibt. So existierten bis dato zwar technische Verfahren zur Aufspürung von Ölverschmutzungen im Meer, allerdings musste das Gebiet dazu bekannt sein. Durch den Einsatz von KI und Satellitenbildern können die Ozeane auf Verunreinigungen durch Öl großflächiger überwacht werden. Auf Satellitenbildern lassen sich Öl- und bestimmte Algenteppiche kaum unterscheiden. KI-Software kann dabei helfen, genauer festzustellen, ob es sich um Öl oder Algen handelt.

Sind große Müllansammlungen im Ozean lokalisiert, stellt sich die Frage, wie sich diese reduzieren lassen. Dazu hat die NPO „The Ocean Cleanup“ ein Verfahren entwickelt, mit dem sich der Müll auf offener See bergen lässt. Das Unternehmen strebt das Ziel an, das im Meer nahe der Oberfläche treibende Plastik bis zum Jahr 2040 um 90 % zu reduzieren. Dazu sollen die fünf großen Müllstrudel im Meer gereinigt werden. Allein die Ausmaße des „Great Pacific Garbage Patch“ sind gigantisch. Er wird größentechnisch mit der Fläche von Europa verglichen. Computermodelle ermitteln durch KI zunächst die Stellen im Strudel mit der höchsten Müllkonzentration, damit das Reinigungssystem effektiv arbeiten kann. (Lesetipp: Delfine mit KI schneller identifizierbar?)

Meeresreinigung
Foto: The Ocean Cleanup

In der Rückhaltezone lassen sich laut „The Ocean Cleanup“ sowohl sehr kleine Plastikteile von wenigen Millimetern als auch große Objekte wie Geisternetze auffangen. Der so eingesammelte Müll wird auf Boote geladen und schließlich zum Recycling an Land gebracht. Das im Jahr 2018 gestartete Projekt scheint nach Startschwierigkeiten mittlerweile zu funktionieren. Es wurden laut Website mittlerweile über 200 Tonnen Müll aus dem Pazifik geborgen. Die Zeit wird zeigen, ob die enormen Investitionskosten gerechtfertigt sind und es ein dauerhafter Erfolg wird. Die riesigen Netze sind nach unten offen, so dass laut „The Ocean Cleanup“ die Meeresbewohner aus dem Netz entkommen können. An dieser Stelle sind genauere Angaben über mögliche Beifänge und negative Begleiterscheinungen erforderlich.

Vor dem Hintergrund, dass Organisationen wie die OECD bis zum Jahr 2060 mit einer Verdreifachung der Kunststoffabfälle weltweit rechnen, können Reinigungsmaßnahmen allerdings nur unterstützen. Um das Problem in den Griff zu bekommen, muss laut ihrer Studie (7) die Lebensdauer von Produkten deutlich erhöht und der Verbrauch reduziert werden. Hinzu kommt, dass unbedingt die Abfallwirtschaft und die Recyclingfähigkeit von Produkten verbessert werden muss.(8)

Übersicht zum weltweiten Umgang mit Kunststoffabfall
Foto: OECD

Solange nur 9 % des globalen Plastikmülls recycelt und 22 % in keinen Abfallwirtschaftskreislauf eingeführt wird, tragen Reinigungsmaßnahmen wenig zur Verbesserung der Gesamtbilanz bei. Zur traurigen Wahrheit gehört auch: Das meiste Plastik in den Meeren kommt aus den Flüssen. Selbst wenn es bald gelingen sollte, die Verunreinigung der Flüsse mit Kunststoff deutlich zu reduzieren, wird es Jahre dauern bis sich dieser Erfolg in den Ozeanen bemerkbar macht. Schließlich haben sich laut OECD schon jetzt ca. 109 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Flüssen angesammelt (zum Vergleich geschätzte 30 Mio. Tonnen in den Ozeanen), so dass die Verschmutzung durch die Flüsse noch Jahre anhalten wird. (9)

II. Mit Satelliten und Künstlicher Intelligenz Wale schützen

Zum Schutz der Delfine und Wale ist es notwendig, Informationen darüber zu bekommen, in welchen Meeresgebieten sich die unterschiedlichen Populationen aufhalten. Vor allem die Großwale pendeln regelmäßig zwischen den Nahrungsgründen in kälteren Gewässern und den Fortpflanzungsgebieten in wärmeren Gefilden. Der Grauwal z.B. legt jedes Jahr fast 8.000 km zwischen Alaska und Mexico zurück. Kennt man den Verlauf dieser Wanderrouten, können Schutzmaßnahmen an gefährlichen Stellen geplant und umgesetzt werden.

Hinzu kommt, dass man gerade in abgelegenen Stellen der Welt immer noch zu wenig über die dortigen Meeressäuger weiß. Um entsprechende Informationen über den Aufenthaltsort der Wale und ihre Routen zu bekommen, war es in der Vergangenheit notwendig, Tiere mit Peilsendern auszustatten, teure Luftaufnahmen per Flugzeug zu machen oder mit akustischen Messverfahren aufzuspüren. Abhilfe kann der Einsatz von hochauflösenden Satellitenbildern schaffen, die dann mittels „Deep Learning“ ausgewertet werden und dadurch aufzeigen, ob Wale in den entsprechenden Meeresregionen vorhanden sind. (10)

Mittels Deep Learning und KI werden Wale aufgespürt.
Foto: BioConsult SH aus Höschle et. al. (2022)

Die Firma BioConsult SH nutzt diese Technik im Rahmen einer Studie vor Neuseeland um mit der Methode SPACEWHALE die Verbreitung von Südlichen Glattwalen im Südpazifik zu bestimmen. Port Ross, ein Fjord 300 km südlich vor Neuseeland ist eine „Kinderstube“ für Südliche Glattwale. Satellitenbilder der Region wurden mit einem intelligenten Algorithmus auf das Vorhandensein von Walen überprüft. Im Anschluss prüften Expert:innen, ob es sich bei den identifizierten Objekten tatsächlich um Wale handelte. (11)

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Resultate der Software mit der Erfassung der Tiere per Schiff vergleichen lassen. Ein Problem besteht nur bei kleinen Jungtieren, die zum Zeitpunkt der Aufnahme durch die massigen Körper ihrer Mütter verdeckt wurden.

Das positive Ergebnis dieser Studie deckt sich mit den Resultaten von anderen Forschern. In ihrer Studie zu „Deep Learning“ basierter Walerkennung per Satellit weisen die Forscher außerdem auf die Vorteile dieser Technik hin. Die Tiere werden bei der Erfassung per Satellit nicht durch Schiffs- oder Flugzeugmotoren gestört. Darüber hinaus werden mögliche Schiffskollisionen und Lärmbelästigungen verhindert. (12)

Drei per Satellit und Algorithmus erfasste Wale.
Satellitenbild:
© 2020 Maxar Technologies aus Höschle et. al. (2022);
Foto: BioConsult SH aus Höschle et. al. (2022)

III. Mit Künstlicher Intelligenz Unterwasserlärm reduzieren und Schiffskollisionen verhindern

Der weltweite Warenverkehr erfolgt zu ca. 90 % auf dem Seeweg. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Meeressäuger. Kollisionen mit Schiffen enden in der Regel tödlich für die Tiere. Es ist davon auszugehen, dass von diesen tödlichen Begegnungen nur ein Bruchteil bemerkt wird, da die meisten toten Wale nicht an Land gespült werden, sondern auf den Meeresgrund sinken.

Ein toter Bryde-Wal auf dem Bug eines Containerschiffes.
Foto: F. Felix

Hinzu kommt, dass der Schiffsverkehr massiv zur akustischen Meeresverschmutzung beiträgt, worauf die verschiedenen Arten der Delfine und Wale laut vieler Studien zu diesem Thema z.T. sehr unterschiedlich reagieren. Wenige Beispiele: Eine Untersuchung vor Australien zeigte bei Großen Tümmlern eine Veränderung ihres natürlichen Verhaltens (andere Gruppengrößen, veränderte Schwimmrouten, Störung der Kommunikation) als Folge der Lärmbelästigung durch Schiffe. Eine weitere Studie zeigt sogar Zusammenhänge zwischen regem Schiffsverkehr und dem Rückgang von Delfinpopulationen. Auswirkungen sind ebenso bei Großwalen zu beobachten. (13)

Ob es Buckelwale sind, die laut einer Studie bei der Annäherung eines Schiffes aufhören zu singen (und damit zu kommunizieren), oder Pottwale, die beeinflusst durch den Schiffsverkehr ihr Tauchverhalten und so ihre Nahrungssuche ändern. Festzuhalten bleibt, dass starker Schiffsverkehr zu Verhaltensänderungen bei den Tieren und zur Zunahme von Stress führt. Kurzfristige Vermeidungsstrategien der Tiere können sich kumulieren und ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen haben. (14)

Als exemplarisches Beispiel für den Einsatz von KI zur Verminderung der genannten Probleme soll an dieser Stelle die kalifornische Pazifikküste dienen. In diesem Küstenabschnitt finden viele tödlich endende Kollisionen zwischen Schiffen und Walen statt. Die vorbeiziehenden Blau-, Finn- und Buckelwale kreuzen auf ihren Wanderungen die Routen der Containerschiffe, welche die riesigen Containerhäfen an der amerikanischen Westküste beliefern.

Vom System erkannte Wale entlang der Hauptschifffahrtsrouten.
Foto: Screenshot Whale Safe

Einen interessanten Ansatz verfolgt das Projekt „WHALESAFE“. Über Bojen, die entlang der Küste installiert wurden, wird bestimmt, ob Finn-, Buckel-, oder Blauwale in der Nähe sind. Dazu werden die Unterwassergeräusche von an den Bojen angebrachten Hydrophonen erfasst und die Daten per Satellit an die Wissenschaftler:innen gesendet. Computer mit entsprechenden Software-Algorithmen werten die Daten schließlich aus. Die Analyse mittels KI liefert die Information, ob es sich bei den aufgezeichneten akustischen Signalen um Walgeräusche handelt und welche Walart anwesend ist. (15) Zusätzlich wird das System noch über eine App mit Beobachtungsdaten von Whale-Watching-Anbietern und Touristenbooten gespeist.

Aktuell kann die Technik noch nicht feststellen, in welche Richtung sich die Wale bewegen und um wie viele Tiere es sich handelt. Allerdings können mithilfe der KI sogenannte „Habitat Modelle“ erstellt werden, die die Wahrscheinlichkeit der Anwesenheit bestimmter Wale anhand der aktuellen Umweltdaten schätzen. Dies wird vor Kalifornien schon eingesetzt, um zusätzlich zur akustischen Erfassung das Vorhandensein von Blauwalen in bestimmten Regionen vorherzusagen. Bekommen die großen Schiffe schließlich die Information, dass Wale in der Nähe sind, können sie die Geschwindigkeit auf 10 Knoten senken und damit das Risiko einer Kollision vermindern. Von der NOAA, der Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA, wurde in dem Gebiet dazu eine Zone eingerichtet, in der freiwillige Geschwindigkeitsreduzierungen erwünscht sind.

Prinzip von Whale Safe
Foto: Screenshot / WHALE SAFE, designed by Nicole R. Fuller, Sayo Studio

Die Betreiber von WHALESAFE geben an, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 10 Knoten die Gefahr von Schiffskollisionen deutlich reduziert und 60 % der Schiffe, die in die Schutzzonen einfahren, ihre Geschwindigkeit drosseln. (16)

Auch wenn eine langfristige Auswertung des Projekterfolges noch aussteht: Klar ist, dass die Senkung der Geschwindigkeit generell eine wichtige Maßnahme ist, um negative Auswirkungen des Schiffsverkehrs auf die Meeressäuger zu verringern. Der Forscher Russel Leaper kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass durch eine globale Geschwindigkeitsreduzierung der großen Schiffe das Risiko von Kollisionen mit Walen um bis zu 50 % abnehmen würde. Gleichzeitig konstatiert er den damit einhergehenden Rückgang des Unterwasserlärms um 40 % sowie eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 13 %.

Die Zahlen klingen erst einmal gut und machen Hoffnung, dass sich mittels der KI die Situation für die Meeressäuger an einigen Stellen verbessern lässt. Gleichzeitig sollten aber die Bemühungen um verpflichtende Maßnahmen wie veränderte Routenführungen in Hochrisiko-Gebieten sowie die Einrichtung von wirksamen Schutzgebieten nicht nachlassen.

Fazit: KI kann sinnvoll helfen – löst aber nicht die ursächlichen Probleme

Nach Betrachtung der unterschiedlichen Beispiele zeigt sich, dass KI ein mächtiges Tool ist, wenn es um die Bereitstellung präziser Daten über den Zustand der Ozeane geht. Die Kombination von maschinellem Lernen und KI kann riesige Datenmengen zielführend verarbeiten, Auswirkungen erkennen, Vorhersagen treffen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Diese Informationen können schließlich Wissenschaftler:innen, Meeresschutz-Organisationen und Regierungen dabei unterstützen, die richtigen Entscheidungen zum Schutz des Lebensraumes Meer zu treffen. Es ist davon auszugehen, dass die Möglichkeiten von KI zum Umweltschutz noch lange nicht ausgereizt sind und hier ein großes Potential schlummert.

Die derzeit laufenden Meeresschutzprojekte sollten unbedingt hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluiert werden, damit erfolgreiche Maßnahmen nicht nur punktuell, sondern möglichst weltweit angewendet und weiterentwickelt werden können. Klar ist aber auch, dass hinsichtlich der KI-Technik noch Handlungsbedarf hinsichtlich ihrer Sicherheit besteht. Will man Missbrauch verhindern und das Vertrauen in die Technik stärken, braucht es einen klaren, durch die Politik definierten Handlungsrahmen, der im Einklang mit den europäischen Werten steht.

 


1) Vgl. BMUV: Künstliche Intelligenz für Umwelt und Klima

2) Vgl. Meeresverschmutzung – GRD

3) Vgl. Plastikmüll im Meer – die wichtigsten Antworten | WWF

4) Künstliche Intelligenz kann Meer (dfki.de)

5) Vgl. Muhammad Faizal Fazri u.a.: Implementing Artificial Intelligence to Reduce Marine Ecosystem Pollution; View of Implementing Artificial Intelligence to Reduce Marine Ecosystem Pollution (aptikom-journal.id)

6) The Ocean Cleanup

7) Vgl. Executive summary | Global Plastics Outlook : Policy Scenarios to 2060 | OECD iLibrary (oecd-ilibrary.org)

8) Plastic pollution is growing relentlessly as waste management and recycling fall short, says OECD

9) Vgl. Plastic pollution is growing relentlessly as waste management and recycling fall short, says OECD

10) Deep Learning ist ein Teilgebiet der KI und ermöglicht Computern die Verarbeitung großer Datensätze. Dabei orientiert sich die Software an Teilstrukturen des menschlichen Gehirns.

11) SC_Satellite imagery_Southern right whales (spacewhales.de)

12) Höschle, Caroline u.a.: The Potential of Satellite Imagery for Surveying Whales; Sensors | Free Full-Text | The Potential of Satellite Imagery for Surveying Whales (mdpi.com); Kapoor, Saakshi u.a.: Deep learning based whale detection from satellite imagery; Deep learning based whale detection from satellite imagery – ScienceDirect

13) Vgl. Bejder, Lars u.a.: Interpreting short-term behavourial responses to disturbance within a longitudinal perspective, ScienceDirect 2005. https://researchrepository.murdoch.edu.au/id/eprint/1295/1/Interpreting_short-term_behavioural.pdf

14) Vgl. Wright, Andrew u.a.: Do Marine Mammals Experience Stress Related to Anthropogenic Noise?, International Journal of Comparative Psychology 20, S. 281ff.

15) Alleine in Los Angeles findet mit über 10 Millionen Tonnen pro Jahr der größte Containerumschlag in Nordamerika statt. Containerumschlag – Größte Häfen in Nordamerika | Statista

16) Whale Safe

 

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