Das Jagdverhalten der Orcas in der Straße von Gibraltar

Orcas - die intelligenten Meeressäuger
Über das Jagdverhalten der Orcas in der Straße von Gibraltar: Orcas (Orcinus orca) suchen jedes Jahr zur selben Jahreszeit die Meerenge von Gibraltar auf, um ihre Leibspeise, den Roten Thun (Thunnus thynnus) zu jagen. Dafür haben sie sich eine ganz spezielle Jagdtechnik angeeignet.
Die Straße von Gibraltar und ihre Bewohner
Die Straße von Gibraltar, eine Meerenge, die den europäischen Kontinent von Afrika trennt, ist sicherlich einer der besten Orte in Europa, an dem man Wale und Delfine in ihrer natürlichen Umgebung beobachten kann. Insgesamt sind dort über das Jahr verteilt sieben verschiedene Arten von Meeressäugern anzutreffen, jedoch leben nicht alle hier.
Der Gewöhnliche oder Gemeine Delfin (Delphinus delphis), der Große Tümmler (Tursiops truncatus), der Blau-Weiße- bzw. Streifendelfin (Stenella coeruleoalba) sowie der Gewöhnliche Grindwal (Globicephala melas) sind resident, während etwa der Finnwal (Balaenoptera physalus) nur hin und wieder gesichtet werden kann, da er die Straße von Gibraltar durchquert. Der Pottwal (Physeter macrocephalus) ist von ca. Mai bis August anzutreffen.

Pottwal Fluke Foto: © Jessica Baum
Orcas gehören zu den Delfinen
Auch Orcas statten der Straße von Gibraltar einen jährlichen Besuch ab und können etwa von Juli bis August beobachtet werden. Anders, als die Namen „Schwertwal“ oder „Killerwal“ vermuten lassen, handelt es sich bei Orcas ebenfalls um Delfine (Delphinidae). Sie sind das größte Mitglied ihrer Gattung – männliche Orcas können eine Größe von fast zehn Metern erreichen. Auffällig ist die besonders hohe Rückenfinne, die bis zu 1,80 Meter hoch wird und durch die man sie gut von ihren weiblichen Artgenossen unterscheiden kann.
Nach Forney & Wade (Worldwide Distribution and Abundance of Killer Whales, 2007) gibt es drei grundlegende Kategorien, in die sie sich einordnen lassen. Die sogenannten „Mammal-eaters“, also die Säugetierfresser, haben sich auf die Jagd anderer Meeressäuger spezialisiert. Daher stammt vermutlich auch der Name wie Killerwal, den Walfänger geprägt haben, um damit die – für Außenstehende – recht bedrohlich anmutenden Jagdmethoden der Orcas zu beschreiben. Darüber hinaus nennen Forney & Wade auch die „Oceanic and Neritic Killer Whales“, die man vor allem an der amerikanischen Westküste sichten kann und die weit weniger abhängig von Küstenregionen sind, als ihre Artgenossen. Die Orcas in der Straße von Gibraltar lassen sich jedoch der dritten Kategorie zuordnen: Sie sind „Coastal-Fish-Eaters“, halten sich überwiegend in der Nähe der Küste auf und jagen Fische.

Junger Orca Foto: © Stiftung firmm
Die Leibspeise: Roter Thunfisch
Die Orcas passen für ihren Besuch den Roten Thun ab, der im Juli und August von seinen Laichplätzen im Mittelmeer zurück in den Atlantik schwimmt. Vorher, etwa im Zeitraum zwischen April und Juni, zieht es ihn ins Mittelmeer, um dort abzulaichen. Dafür bevorzugt er das deutlich wärmere und auch salzhaltigere Wasser des Mittelmeers – zumindest die Thunfische, die es bis dorthin schaffen.
Denn leider wird ein Großteil dieser auf dem Weg schon vorher von den sogenannten Almadrabas, einer traditionellen spanischen Fangeinrichtung, abgefangen. Dabei handelt es sich um ausgeklügelte Netzsysteme, die die Fischer vom Meer zur Küste spannen – und damit genau in die Wanderrichtung der Fische. Für die Spanier bedeutet dieser Fang einen großen Profit: Ein Großteil des Roten Thuns wird an Japan verkauft, da die Japaner das Fleisch des trächtigen Thunfischs bevorzugen.
Das hat natürlich verheerende Auswirkungen auf den Populationsbestand, da permanent trächtige Weibchen gefangen werden und so immer weniger Nachkommen zur Welt kommen. Vermutlich wird es deshalb in nur wenigen Jahren keinen Roten Thun mehr in der Straße von Gibraltar geben. Das Jagdverhalten der Orcas in der Meerenge von Gibraltar wird sich dadurch zwangsläufig ändern.

Thunfisch Fischer Foto: © Stiftung firmm
Das Jagdverhalten der Orcas
Orcas sind sehr intelligente Meeressäuger, das stellen sie auch durch ihre Jagdtechnik unter Beweis, die sie sich in der Straße von Gibraltar angeeignet haben, um ihre Leibspeise, den Roten Thun, fressen zu können.
Es gibt einige Fischer, die vor Ort den Thunfisch mithilfe der sogenannten Langleine fischen. Diesen Umstand machen sich die Orcas zunutze: Anstatt das Jagen selbst zu übernehmen – was für sie mit einer großen Kraftanstrengung verbunden wäre, da der Rote Thun Geschwindigkeiten von etwa 75 km/h erreicht, während der Orca nur etwa 55 km/h schnell schwimmen kann – lassen sie die Fischer für sich arbeiten. Dabei zeigen sie viel Geduld und warten in der Nähe der kleinen Fischerboote, bis ein Fischer einen Thunfisch an der Leine hat und ihn hochzieht.
Sobald sich der Thunfisch etwa 15 bis 20 Meter unterhalb des Bootes befindet, schnappt ihn sich der Orca einfach von der Leine. Er lässt dem Fischer aber ein kleines „Geschenk“ übrig: den Kopf des Thunfischs. Dass der Orca diesen nicht mitfrisst, hat zwei Gründe: Einerseits kann er mit seinem Sonar den Metallhaken in dem Kopf des Thunfischs orten, andererseits schmeckt ihm der Kopf auch einfach nicht. Das Sonarsystem vereint übrigens alle Zahnwale, die damit Schallwellen aussenden und auf Basis dessen exakt orten können, wo sich beispielsweise ihre Beute befindet, wie weit sie weg ist und woraus diese besteht.
Diese intelligente Jagdtechnik geben die Orcas Jahr für Jahr an ihre Jungtiere weiter – das kann zumindest die Stiftung firmm, die seit über 20 Jahren das Verhalten und die Populationen der Meeressäuger in der Straße von Gibraltar erforscht, durch ihre jährlichen Sichtungen immer wieder beobachten.
Link zur Studie:
https://www.researchgate.net/publication/251802621_Worldwide_Distribution_and_Abundance_of_Killer_Whales
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