Geisternetzbergung und Clean-Up auf Rügen: Sassnitzer Hafenbecken entpuppt sich als Müllhalde

Geisternetze: So viele Sporttaucher wie nie beteiligten sich an der jüngsten Bergungsaktion
Die Bergung von zwei Geisternetzen mit insgesamt knapp 500 Kilogramm sowie ein zweitägiges Clean-Up des Hafenbeckens in Sassnitz, bei dem unzählige Autoreifen, Netze, Schläuche, Seile und sogar Starterbatterien zu Tage befördert wurden – das ist die stolze Bilanz von drei Tauchtagen der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) auf Rügen. Unterstützt wurde die Münchner NGO einmal mehr durch den Geisternetz-Experten und Kooperationspartner Wolfgang Frank. Zudem schließen sich immer mehr SporttaucherInnen, darunter auch Robert Röske, Inhaber der Tauchbasis Dive Baltic Sea Rügen, der GRD-Initiative an, um die Ostsee rund um Rügen von möglichst vielen Geisternetzen zu befreien.
Der aktuelle Taucheinsatz der GRD für den Erhalt der Artenvielfalt in der Ostsee stand einmal mehr unter dem Motto „FÜR MEER LEBEN“. Aufgrund der Wetterverhältnisse mussten Anpassungen bei der Durchführung vorgenommen werden. . Grund hierfür war der Ost-Wind an zwei der drei geplanten Tauchtage (2. bis 4. September), der für hohe Wellen sorgte. Die moderaten Windverhältnisse am Freitag machten es aber möglich, eine Geisternetzbergung am Wrack „Kay“ auf 25 Meter Tiefe durchzuführen.
Der ehemalige Holzfrachter ist eines von schätzungsweise 1200 Wracks, die rund um Rügen auf Grund liegen. Viele sind mit ehemaligen Fischernetzen behangen. Von diesen Altlasten der Fischereiindustrie geht große Gefahr aus, da Meeressäuger in den Netzen qualvoll ertrinken und Fische in ihnen verenden. Gleichzeitig sind diese Netze nichts anderes als tonnenschwerer Plastikmüll, der sich im Laufe der Jahre zersetzt und der marinen Nahrungskette zugeführt wird.




Mit zwei Tauchbooten wurde das Wrack „Kay” östlich von Rügen angesteuert (Bilder: Verena Platt-Till / Martina Alt)
Mit zwei Tauchbooten und einem Begleitschiff – dem Fischkutter „Crampas“ – wurde der östlich vor Rügen gesunkene ehemalige Holzfrachter angesteuert. Zwölf SporttaucherInnen aus ganz Deutschland waren anschließend bei neun Grad Wassertemperatur im Einsatz, um das Wrack von den todbringenden Geisternetzen zu befreien. Mit Erfolg! Am Wrack „Kay“ konnten rund 450 Kilogramm an Netzen und Netzteilen mit Hebesäcken an die Wasseroberfläche befördert und anschließend ins Begleitschiff gezogen werden. Es handelte sich bei allen Teilen um ein großes Heringsnetz aus DDR-Zeiten. (Lesetipp: Erfolgreiche Premiere für den GRD-Tauchworkshop)
Clean-Up im Hafen von Sassnitz fördert unterschiedlichste „Fundstücke“ zu Tage
Am Samstag und Sonntag verschlechterten sich die Windverhältnisse, sodass die Organisatoren zu einer Planänderung gezwungen waren: Statt in der Ostsee nach Geisternetzen zu tauchen, stand eine Müllsammelaktion im Hafenbecken von Sassnitz auf dem Programm.
Hier mussten die Taucher am Meeresgrund nicht lange nach Unrat suchen, da dieser mit Hinterlassenschaften unterschiedlichster Art quasi übersät war. Alleine am Samstag wurden in drei Stunden fast 30 Autoreifen, viele ehemalige Fischernetze, Plastik und Konserven, ein Stuhl, ein Anker, ein Plakat sowie Starterbatterien von LKWs und PKWs aus dem Wasser gezogen.
Geisternetzbergung am Wrack „Kay” in 25 Metern Tiefe. (Video: Robert Röske)
Auch am Sonntag hatten die Taucher noch einmal Schwerstarbeit zu leisten: An anderer Stelle im Sassnitzer Hafen beförderten sie und ihre Helfer ebenfalls zahlreiche Netze, Reifen und Seile an Land. Weitere „Fundstücke“: eine Tauchpumpe samt Schlauch, Fischkisten, Feuerwehrschläuche, Kohle sowie ein rund 30 Zentimeter langes Stück eines alten Bahngleises. Den gesamten Müll transportierte Wolfgang Frank am Wochenende aus dem Hafen ab; er wird nun fachgerecht entsorgt.



Was die Sporttaucher da aus dem Hafenbecken geborgen haben, macht einen schier sprachlos: Autoreifen, Starterbatterien, jede Menge Netze, Plastik und Konserven, ein Stuhl, ein Anker, Stiefel, Seile, ein Plakat, eine Heringstonne aus DDR-Zeiten und vieles mehr.
Nächste Bergungsmission startet im November
Mittlerweile hat die GRD knapp neun Tonnen an Geisternetzen aus der Ostsee bergen können. Hervorzuheben ist an dieser Stelle der unermüdliche und selbstlose Einsatz der ehrenamtlichen TaucherInnen. Sie scheuen weder Kosten noch Mühen und opfern zudem ihre Freizeit, um an dieser Aktion teilzunehmen.
Das Team der Gesellschaft zur Rettung der Delphine freut sich über das kontinuierlich wachsende Interesse seitens der SporttaucherInnen aus der ganzen Bundesrepublik. Mit ihrer tatkräftigen Unterstützung tragen sie direkt zum Erhalt der bedrohten Artenvielfalt in der Ostsee bei, dafür danken wir ihnen sehr.
Netze und Netzteile der jüngsten Bergungsaktion, die sich für eine Weiterverarbeitung eignen, werden jetzt unseren Partnern von ColorSwell und Voice of the Seas übergeben. Mittels Upcycling entstehen aus den Altlasten der Fischerei stylische Armbänder, Ohrringe oder Holzbilder mit Geisternetz-Dekoration.
Die nächste Geisternetzbergung der GRD in Zusammenarbeit mit Wolfgang Frank ist für November 2022 geplant. Ermöglicht werden diese Aktionen dank der großzügigen Unterstützung der TeilnehmerInnen der Deutschen Postcode Lotterie und des Reiseportals Ostsee24.de sowie durch alle UnterstützerInnen des GRD-Projekts „FÜR MEER LEBEN: Geisternetzbergungen rund um Rügen“.
Fotos: Martina Alt / Verena Platt-Till
Das Clean-up im Hafen von Sassnitz durch die Sporttaucher förderte zahlreichen Müll zu Tage. (Video: Robert Röske)
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