Totfunde & Sichtungen 2021: So ist die Lage bei den Adria-Delfinen
Projektbericht 2021 – Anzahl der Totfunde steigt
Es hat Tradition: Im ersten Quartal jeden Jahres berichten uns die Meeres- und Delfinschutzorganisation „Val“ sowie die Tiermedizinische Fakultät der Universität Zagreb über die Entwicklung des Projekts „Rettung der letzten Adria-Delfine“. Die kleine Population besteht nur aus etwa 220 Exemplaren und ist stark bedroht. Leider wurden unseren Projektpartnern im vergangenen Jahr wieder mehr Totfunde als im Jahr zuvor gemeldet. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden.
Totfunde & Todesursachen
Insgesamt 32 Delfinkadaver wurden der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Zagreb im Laufe des Jahres 2021 gemeldet. Diese beinhalteten vier Totfunde aus dem Jahr 2020, weshalb sich die Gesamtzahl der toten Adria-Delfine in 2020 auf 25 erhöht. Für 2021 listet die Statistik 28 verstorbene Delfine. Damit setzt sich unglücklicherweise ein Trend fort:
Seit 2018 (21 Totfunde) hat sich die Zahl der tot aufgefundenen Delfine jeweils um zwei Tiere erhöht, im vergangenen Jahr sogar um drei Tiere. Angemerkt werden muss hierbei aber auch, dass jener Spitzenwert von 2017 nicht überschritten wurde, als 33 gestrandete Delfine und ein Cuvier-Schnabelwal entdeckt wurden.
In Addition ergibt sich eine Zahl von 130 gestorbenen Delfinen in den vergangenen fünf Jahren. Dr. Martina Đuras von der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Zagreb blickt noch weiter zurück und rechnet mit 400 Todesfällen in den vergangenen 20 Jahren.
Ihrer Aussage zufolge bleibe die Gesamtpopulation der letzten Adria-Delfine allerdings stabil bei rund 220 Großen Tümmlern – einem Wert, der auf zwei Zählungen 1998 und 2003 basiert. (Lesetipp: Delfin-Jagd: Skrupelloses Dolphin Watching in der Adria)
28 tote Adria-Delfine wurden im Jahr 2021 gefunden. Der Großteil sind Große Tümmler – die in der Adria dominante Population.
Todesursachen der Adria-Delfine
Die Fundorte der toten Delfine erstrecken sich über die gesamte kroatische Küste – von Umag im Norden bis nach Dubrovnik im Süden. Unter den Kadavern befanden sich auch zwei Streifendelfine. Diese Art lebt nicht ganzjährig in den kroatischen Küstengewässern, weshalb es weitaus weniger Totfunde gibt als bei den Großen Tümmlern, der in der Adria vorherrschenden Population.
Laut Statistik für 2021 wurden neun männliche und vier weibliche Delfine tot gefunden; bei 15 Tieren liegen keine Angaben vor. Das Verhältnis zwischen jungen und erwachsenen Tieren ist ausgeglichen. Nähere Informationen zu den Todesursachen existieren nicht, da das Team der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Zagreb im vergangenen Jahr nur einen Fall untersucht hat. Dies liegt einerseits an der Coronapandemie, zum anderen an der Tatsache, dass in den vergangenen Jahren die Finanzierung der lokalen Tierärzte und anderer Ämter reduziert wurde. Auf Grund dessen ergeben sich gewisse Schwierigkeiten beim Transport und Beladen der Delfinkadaver. Prof. Dr. Martina Đuras arbeitet mit ihrem Team aber an Vorbereitungen für Anmeldungen an EU-Projekte, die diese Situation vielleicht verbessern könnten.
Fundorte der Delfinkadaver (blau: Großer Tümmler / gelb: unbekannte Delfinart / rot: Streifendelfin)
Mehr Sichtungsmeldungen 2021
Bedingt durch die Pandemie war im vergangenen Jahr auch die Arbeit im Zentrum für Forschung und Schutz der Meeressäuger in Molat nur eingeschränkt möglich. Geöffnet war das Zentrum insgesamt nur für zwei Wochen, nichtsdestotrotz wurde für Kinder ein Workshop über Delfine und Meeresschildkröten organisiert. Die Feldarbeit wurde an 13 Tagen durchgeführt, an denen die Forscher 74 Delfine in elf Gruppen gesichtet haben.
Auch im Rahmen des Citizen Science Projekt „Adria-Delfine – bitte melden!“ waren die Auswirkungen der Pandemie – im Besonderen das Ausbleiben von TouristenInnen – spürbar. Während uns 2019 noch über 600 Sichtungen von Delfinen, Walen oder Meeresschildkröten erreichten, waren es im vergangenen Jahr lediglich 460. Dies stellt dennoch eine Steigerung gegenüber 2020 dar, als 270 Meldungen eingingen. Die Mehrzahl der Sichtungen bezog sich auf Große Tümmler (387), es folgen andere Delfinarten (48) sowie Meeresschildkröten (20) und Finnwale (5).
Google Maps: Informationen zu den Sichtungen in 2021 (Dauer, Anzahl der Tiere, besondere Verhaltensweisen, usw.) erscheinen nach Mausklick auf die Symbole.
Studium & Forschung
Das Thema Umweltbildung fand auch in diesem Jahr wieder seinen Platz in der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Zagreb. Drei Diplomarbeiten und zwei wissenschaftliche Studentenarbeiten mit dem Thema Meeressäugerforschung wurden angefertigt und publiziert. In diesem Kontext freuen wir uns darüber, dass die Fakultät durch finanzielle Unterstützung der Uni und durch Zuwendungen der GRD als Projektpartner ihre Gewebe- und Skelettsammlung erweitern konnte.
Wir danken allen, die mit ihren Spenden, einer Patenschaft oder mit ihren Sichtungsmeldungen tatkräftig am Projekt „Rettung der letzten Adria-Delfine“ mithelfen. Euch ist es zu verdanken, dass wir dieses Projekt durchführen können. Und: Ihr tragt dazu bei, die gefährdete Welt der Adria-Delfine zu einem besseren Platz zu machen.
Foto oben: Kellerer / Duras
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STRELICA
Strelica (Pfeil) wurde gemeinsam mit den Patendelfinen Dobro Jutro und Poveliki beim Wellenreiten beobachtet.
VESELJAK
Veseljak (Spaßvogel) verdankt seinen Namen seiner schier unbändigen Lust an akrobatischen Sprüngen. Oft hielt er mit seiner Energie den Rest der Delfingruppe “auf Trab”.
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